Nach über 16.000 Tagen des aktiven Berufslebens wollte der Greyhound vor dem Eintritt in den „Un“Ruhestand eine Pilgerfahrt mit dem Fahrrad absolvieren. Ursprünglich sollte es Santiago de Compostela werden. Allerdings bekam er den Tipp, doch lieber nach Rom zu radeln, da Santiago de Compostela mittlerweile sehr touristisch geworden ist. So wird er also mit dem Fahrrad von Bonn über Taizé nach Rom zum Grab seines Namensvetters fahren (und anschließend wieder zurück). Die Tour wird mit einem Gravelbike der Marke Stevens (Supreme Pro) durchgeführt.
Nachfolgend der Bericht über die Tour.
Dienstag, 30. Mai 2023
Bonn - Heidenfahrt
150 km
Dank dem Probepacken war das Fahrrad schnell beladen. So gab es daheim ein letztes Müsli und los ging’s. Anfangs war es noch etwas ungewohnt, das beladene Fahrrad zu steuern. Immerhin transportiere ich aktuell 26 Kilo an Gepäck (wovon allerdings 2,5 Kilo auf das leckere mitgenommene Müsli entfallen). Aber mit jedem Meter ging es besser.
Bis St. Goar hatte ich Glück mit dem Wind. Bei strahlendem Sonnenschein kam er von hinten. Nach der Mittagsrast in St. Goar hatte sich die Loreley aber gegen mich verschworen: der Wind kam nun von vorne und wurde mit jedem Kilometer kräftiger und böiger. Aber dank der mitgenommenen Datteln und ausreichend Getränken kam ich gut voran.
In Ingelheim wollte ich eigentlich die katholische Kirche besuchen. Allerdings war hier alles geschlossen. Der aushängende Gottesdienstplan zeigte an, dass erst wieder am Freitag Gottesdienst ist. So lange wollte ich nicht warten und fuhr deshalb das kurze Stück nach Heidenfahrt auf den Campingplatz.
Nachdem das Zelt aufgebaut war, duschte ich. Dies war eine richtige Wohltat nach dem heutigen Tag. Anschließend gab es eine leckere Stärkung. Der Körper verlangte danach.
Früh verkroch ich mich in meinen Schlafsack, denn morgen will ich bis Speyer kommen.
Mittwoch, 31. Mai 2023
Heidenfahrt - Speyer
124 km
Zusammen mit der Sonne wachte ich auf. Während das Kaffeewasser kochte, packte ich zusammen. Anschließend gab es die obligatorische Stärkung, bestehend aus Müsli und Kaffee.
Auch heute meinte es der Wind nicht gut mit mir. Fast die gesamte Strecke hatte ich Gegenwind. Ein kurzes Stück vor Worms kam der Wind von hinten und bescherte mir eine gute Geschwindigkeit. Zudem waren die Straßenverhältnisse in Mainz auf den Radwegen fürchterlich. Das schwer bepackte Fahrrad hüpfte durch die Schlaglöcher. Zum Glück ist dabei kein Schaden entstanden.
Bald erreichte ich Worms. Da es noch vor dem Mittagessen war, hatte ich noch keine Lust auf Eis. So gab es nur ein kurzes Erinnerungsbild, bevor ich weiterfuhr.
Aufgrund der zunehmenden Temperatur und des Gegenwindes hielt ich häufiger an, um mich zu stärken.
Auf dem Weg nach Speyer musste ich auch durch Ludwigshafen. Die Ausschilderung dort lässt sehr zu wünschen übrig. Vielfach stehen Hinweisschilder missverständlich da, was dazu führte, dass ich
über die Brücke nach Mannheim fuhr.
Aber irgendwann war auch dieses Ärgernis zu Ende, und ich konnte weiter Richtung Speyer fahren. Kurz vor Speyer kam der mittlerweile von mir ersehnte Eisladen. Diese Stärkung tat gut !
In Speyer angekommen, fuhr ich zunächst zum Dom und holte mir meinen ersten Stempel im Pilgerbuch. Anschließend bezog ich mein Zimmer im vorgebuchten Hotel, duschte und wusch die verschwitzten
Kleidungsstücke.
Danach ging ich zum Kloster St. Magdalena in der Nähe des Doms. Dort fand heute ein Rosenkranzgebet und ein Gottesdienst statt. Hier wird der Rosenkranz etwas anders als bei uns gebetet. Auch der
Gottesdienst wurde anders gestaltet. Integriert in den Gottesdienst war die Komplet für die dort lebenden Nonnen.
Nachdem ich meine Seele gestärkt hatte, verlangte auch der Körper nach Stärkung. In der Haus-Brauerei „Domhof“ bekam der Körper, was er brauchte. Und damit endete dieser Tag.
Donnerstag, 01. Juni 2023
Speyer - Erstein (Frankreich)
164 km
Pünktlich um 6:00 Uhr ging der Wecker. Um 7:00 Uhr war ich reisefertig. Aber oh weh, vom Hotel Personal war niemand da und konnte die Fahrrad-Garage aufschließen. Erst kurz vor acht Uhr kam ich
deshalb los.
Der Gott des Windes meinte es heute gut mit mir. Der Wind kam fast überwiegend von hinten. So war ich bereits gegen 12:00 Uhr mittags in Frankreich.
An einem Imbissstand auf dem Weg machte ich Mittagsrast. Der Wirt sprach Deutsch, Französisch und den Elsässer Dialekt. Als er sich mit seinem Freund unterhielt, fühlte ich mich an den Film
„Willkommen bei den Sch’tis“ erinnert. Ein sehr harter Dialekt, bei dem man ständig meinte, dass die Sprecher wütend auf einander seien.
Der weitere Weg nach Straßburg war überwiegend sehr gut ausgeschildert. Auch die Fahrradwege sind meist in einem sehr guten Zustand, so dass ich am späten Nachmittag Straßburg erreichte.
Aber wie in jeder Großstadt, so macht auch hier das Fahrradfahren absolut keinen Spaß. Viel Verkehr, dazu jede Menge rote Ampeln und eine unklare Wegführung. Doch dank Google Maps stand ich
irgendwann vor dem Münster.
Hier bekam ich den zweiten Stempel in mein Pilgerbuch. Nach ein paar Minuten der Besinnung im Straßburger Münster radelte ich zum Campingplatz von Straßburg. Da dort allerdings immer nur ganze
Parzellen vermietet werden, war keine Parzelle und damit auch kein Stellplatz mehr für mein kleines Zelt frei. In der Nähe war leider kein weiterer Campingplatz, weshalb ich weiter nach Erstein
radelte. Der Weg führte ständig am Kanal entlang und ließ sich sehr gut fahren. Da der Campingplatz hier noch nicht geöffnet hatte, suchte ich über booking.com ein Hotel.
Im Hotel „L'Hôtel des Bords de l'Ill“ war noch ein Zimmer frei. Hier hat mein Fahrrad sogar eine ganze Garage für sich allein.
Nach dem Duschen gab es erst einmal ein kräftiges Abendessen. Das habe ich mir heute wirklich verdient. Und damit endete dieser sehr schöne Tag.
Freitag, 02. Juni 2023
Erstein (Frankreich) - Masevaux (Frankreich)
124 km
Nach dem Frühstück und Packen ging es bei schönem Wetter und Rückenwind weiter Richtung Colmar. Dies ist zwar ein kleiner Umweg, aber ich hatte keine Lust, durch die Großstadt Mulhouse zu
fahren.
Die ersten 40 km führte die Route wieder entlang des Kanals. Eine schnurgerade Strecke in mitten einer wunderschönen Natur wartete darauf, unter die Reifen genommen zu werden. Die einzigen
Geräusche waren die quakenden Frösche und die singenden Vögel.
In Colmar angekommen, fuhr ich zunächst in Richtung des Martin-Münster. Die Altstadt von Colmar ist wunderschön hergerichtet. Demzufolge hat es viele Touristen, die die Stadt bevölkern. Nach
einer besinnlichen Pause im Münster und dem nächsten Stempel in meinem Pilgerbuch fuhr ich mit einem kleinen Stopp bei einem Dönerladen weiter.
Der Großteil der nächsten 40 km verlief auf einer Parallelstraße zur Autobahn. Nicht besonders schön, aber mit viel Rückenwind. So kam ich sehr flott voran. Ich merke, dass ich mittlerweile das
Rheintal verlasse. Die Höhenmeter steigen langsam, aber beständig.
In Masevaux angekommen, fuhr ich zunächst zum Campingplatz. Dort konnte ich für 9 € mein Zelt aufschlagen. Obwohl ich nur ein sehr kleines Zelt habe, bekomme ich dieselbe Größe wie ein Stellplatz
für ein Wohnmobil. Macht zwar keinen Sinn, ist aber so.
Nachdem ich fürs Abendessen eingekauft hatte, genoss ich den restlichen Tag mit Bier und Brezeln.
Nach einem reichhaltigen Abendessen verzog ich mich in mein Zelt. Und damit endete ein weiterer schöner Tag.
Samstag, 03. Juni 2023
Masevaux (Frankreich) - Besançon (Frankreich)
135 km
Die ersten Kilometer vom Campingplatz gingen überwiegend bergab, da ich in das Tal des Doubs musste.
Dort angekommen, folgte der Radweg beständig dem Verlauf des Flusses beziehungsweise des parallel dazu verlaufenden Kanales. Zudem hatte ich oftmals noch Rückenwind, so dass die Fahrt einfach nur
schön war.
Der Doubs schlängelt sich durch ein hübsches Tal. Die einzige Geräuschkulisse bildeten Frösche und Vögel. Ab und zu tauchte ein leise dahingleitendes Motorboot auf. Ansonsten war ich nahezu
alleine. Wenn ich nicht hätte pedalieren müssen, wäre es die Entspannung pur gewesen.
In L‘Isle-sur-le-Doubs versorgte ich mich in einem Supermarkt mit belegten Baguettes und Cola für die Mittagspause. Eine nette Französin wies mich darauf hin, dass direkt am Ufer eine Raststation
extra für Fahrradfahrer angelegt worden sei. Dort hatte es sowohl drinnen als auch draußen Bänke. Des Weiteren war eine sehr saubere Toilette vorhanden.
Nachdem ich mir mit der Mittagspause Zeit gelassen hatte, musste ich ein Stück über die Autostraße fahren, da der weitere Fahrradweg aufgrund von Sturmschäden nicht mehr passierbar war. Die
Autostraße stieg hinter dem Ort zunächst steil bergauf. Ich hatte zwar gut gegessen, aber das hätte so nicht sein müssen. Nach dem Anstieg ging es dann rasant bergab, um auf Flussniveau zu
kommen. Das machte Spaß !
Wieder auf dem Radweg entlang des Flusses angekommen, merkte ich anhand der immer häufiger anzutreffenden Fahrradfahrer, dass ich mich Besançon näherte.
Um zum gebuchten Hotel in Besançon zu kommen, musste ich zunächst ein ganzes Stück bergauf fahren. Das machte überhaupt keinen Spaß, da es sich hier um eine viel befahrene Autostraße handelte.
Aber der Tag konnte ja nicht einfach nur schön sein!
Im Hotel angekommen, richtete ich mich für die Stadt her. Anschließend ging ich zur Kathedrale, um für den heutigen Tag zu danken und mir einen weiteren Stempel in meinem Pilgerbuch zu holen.
Nach einer Stärkung beim Italiener endete dieser wunderschöne Fahrradtag.
Sonntag, 04. Juni 2023
Besançon (Frankreich) - Chalon-sur-Saône (Frankreich)
143 km
Das, was ich gestern den Berg hochstrampeln musste, konnte ich heute direkt wieder hinab rollen. Unten am Fluss angekommen, sah ich den ersten Hinweis auf die Via Francigena. Diese wird mich aber
erst ab Aosta begleiten. Heute sollte mich der Weg am Ufer der Doubs entlang nach Chalon-sur-Saône führen.
Nach etwa 50 km erreichte ich den Ort Dole. In diesem Geburtsort von Louis Pasteur hieß es Abschiednehmen vom Fluss Doubs.
Um an den Fluss Saône zu kommen, musste ich zunächst einen Hügel überwinden. Zufälligerweise kam ich auch an einem Supermarkt vorbei, bei dem ich mich für das Mittagessen eindecken konnte.
Nach einer ausgiebigen Mittagspause an einem sehr schön angelegten Rastplatz fuhr ich fast ständig am Ufer der Saône entlang zu meinem heutigen Zielort.
Auch wenn die Strecke sehr viel Natur bot, war es hier lange nicht so spektakulär wie am Doubs. Dies lag hauptsächlich daran, dass rechts und links des Flusses keine Felswände in den Himmel
ragten, sondern es sich um eine weite Ebene handelte.
In Chalon-sur-Saône angekommen, fuhr ich zum Campingplatz. Obwohl dieser in den Internet-Angaben als Wohnmobil-Stellplatz ausgewiesen wird, findet hier jeder einen Platz.
Nach dem Aufbau des Zeltes ging ich zur Rezeption, da heute der Pizza Truck kommen sollte. Die erste Pizza war so lecker, dass ich unbedingt eine zweite essen musste. Den Abschluss des leckeren
Mahles bildete ein Ricard im stilechten Glas.
Und damit endete ein wunderschöner Fahrradtag.
Montag, 05. Juni 2023
Chalon-sur-Saône (Frankreich) - Taizé (Frankreich)
44 km
Heute lies ich mir mit dem Aufstehen Zeit, da nur eine kurze Strecke zu fahren war.
Fast der gesamte Teil der Strecke führte auf einer ehemaligen Bahntrasse entlang. Demzufolge waren die Steigungen und Gefälle sehr moderat. Anhand des Weinbaus rechts und links des Weges merkte
ich, dass ich im Burgund angekommen bin.
Die Gemeinschaft von Taizé liegt auf einem Berg. Deshalb waren die letzten Kilometer sehr steil und forderten noch einmal alles. Aber ich war heute noch nicht viele Kilometer gefahren, weshalb es
für mich kein Problem darstellte.
Im Empfangsgebäude der Gemeinschaft von Taizé wurde ich zunächst nach dem Sinn und Zweck meines Aufenthaltes befragt. Hintergrund war, dass hier keine Touristen übernachten sollen. Nach dem
Bezahlen bezog ich meine Unterkunft. Es ist ein 4-Bettzimmer, von denen aktuell drei Betten belegt sind. Mit mir schlafen dort ein junger Pfarrer aus Paris und ein Wanderer aus der Nähe von
Basel.
Da es kurz vor der Mittagszeit war, ging es zunächst zum Mittagsgebet in die Kirche. Sehr stimmungsvoll wurde dieses Gebet zelebriert. Zusätzlich wurden auch viele Lieder gesungen.
Nach dem Mittagsgebet gab es natürlich das Mittagessen. Im Preis sind hier nicht nur die Unterkunft, sondern auch drei Mahlzeiten am Tag inbegriffen. Danach nahm ich das Angebot wahr, ein
paar Lieder einzuüben. Es macht richtig Spaß, insgesamt mit allen vier Tonlagen zu singen. Abschließend fand ein Austausch über einen Bibeltext statt.
Nach dem Nachmittagstee wusch ich meine Wäsche und bereitete mich mit einem Rundgang durch den Garten der Stille aufs Abendessen vor.
Nach dem Abendessen folgte das Nachtgebet. Es war wieder ein sehr stimmungsvoller Gottesdienst, der fast 1,5 Stunden dauerte.
Vieles Singen macht durstig, weshalb ich dann noch zur Bar ging, um ein Glas Wein zu trinken. „Glas“ ist sehr übertrieben für das Becherchen mit 0,1 l Inhalt ! Mehr Alkohol oder gar ein 2. „Glas“ wurde nicht ausgeschenkt. Naja, immerhin sind hier sehr viele Jugendliche, die auf diese Weise geschützt werden.
Und damit endete mein erster Tag in Taizé. Bislang gefällt es mir sehr gut.
Dienstag, 06. Juni 2023
Taizé (Frankreich)
0 km
Obwohl ich heute Nacht nicht alleine im Zimmer gelegen bin, hatte ich sehr gut geschlafen. Die kleine Menge Wein kann nicht der Grund gewesen sein.
Noch vor dem Frühstück gab es zunächst einen katholischen Gottesdienst und anschließend das Morgengebet der Brüder von Taizé. Anschließend fand eine Einführung in einen Bibeltext durch einen Bruder statt. Dies war insofern interessant, als er nicht nur den Text glaubensmäßig dargestellt hat, sondern auch in den historischen Kontext gestellt hatte.
Anschließend hatten wir 1 Stunde Zeit bis zum Mittagessen. Ich nutzte die Gelegenheit, um in den Ort zu gehen.
Es ist schon beeindruckend, dass Menschen aus aller Welt in diesen Ort kommen, der so fernab von allem liegt. Nicht einmal einen Supermarkt gibt es in der näheren Umgebung.
Da der Tagesablauf hier genau reglementiert ist, fand das Mittagessen wieder erst nach dem üblichen Mittagsgebet statt. Obwohl es „Mittagsgebet“ heißt, ist es eigentlich eine längere
Veranstaltung mit Gesang und kontemplativer Phase.
Nach dem Mittagessen wurde wieder das gemeinsame Singen angeboten. Auch heute hatten wir sehr viel Spaß, diverse Lieder in allen Tonlagen zu singen.
Der nachmittägliche Austausch über Gott und die Welt (im wahrsten Sinne) machte wieder Spaß. Nach dem Nachmittagstee (mit fettarmen Honigkuchen!) wurde ein sehr beeindruckender und bewegender
Film über den Gründer von Taizé, Frère Roger, gezeigt.
Danach war das übliche Abendprogramm angesagt: Abendessen, Abendgebet mit stimmungsvollen Gesängen und Treffen auf ein Glas Cider.
Mittwoch, 07. Juni 2023
Taizé (Frankreich)
0 km
Auch der heutige Tag begann mit einem katholischen Gottesdienst. Einer meiner beiden Zimmergenossen ist katholischer Pfarrer und leitete dieses Mal den Gottesdienst.
Der Gottesdienstraum in der Krypta ist sehr schlicht gehalten. Obwohl der Gottesdienst überwiegend auf Französisch gehalten wurde, hatte ich aufgrund der katholischen Liturgie kein Problem, dem
Ganzen zu folgen.
Anschließend ging es zum üblichen Morgengebet mit Gesängen.
Nach dem Frühstück wurde uns durch Bruder Richard wieder eine Bibelstelle erläutert. Ich fand dies wie jeden Tag sehr interessant, da er die jeweiligen Bibelstellen in den historischen Kontext
stellte.
In der Freistunde bis zum Mittagessen wusch ich noch schnell ein paar Kleidungsstücke und besuchte anschließend das Grab des Gründers der Gemeinschaft von Taizé, Frère Roger.
Ein sehr beeindruckender Mensch, der sehr herzlich, weltoffen, verzeihend und interreligiös war.
Nach dem Mittagessen stand wieder die übliche Gesangsstunde auf dem Plan. Auch heute hatten wir dabei sehr viel Spaß. Anschließend tauschten wir uns in der Gruppe über alle möglichen Themen
zu Gott und der Welt aus.
Nach dem Abendessen ging es ein letztes Mal zum Abendgebet. Die Gesänge machen mir jeden Tag mehr Freude. Ich werde sie ein bisschen vermissen. Vor allem die ständigen Wiederholungen führen dazu,
dass die Töne fast schon automatisch aus einem kommen. Dazu kommt das sehr stimmungsvolle Innere der Kirche.
Nach dem Reisesegen für mich und der Verabschiedung von Bruder Richard ging ich ein letztes Mal zum Kiosk, um dort den üblichen Cider zu trinken. Damit endete die doch sehr besinnliche Zeit in
Taizé. Auch wenn ich bestimmt nie ein Mönch werde, fühlte ich mich hier sehr geborgen und gut aufgenommen. Mal schauen, vielleicht komme ich irgendwann noch einmal hierher. Es ist ja nicht so
weit von Bonn und schließlich habe ich als Pensionär Zeit.
Donnerstag, 08. Juni 2023
Taizé (Frankreich) - Murs-et-Géligneux (Frankreich)
157 km
Heute war die besinnliche Zeit in Taizé endgültig vorbei. Auf der einen Seite sehr schade, denn es hat mir hier sehr gut gefallen, aber auf der anderen Seite wartet das Grab meines Namensvetters auf mich.
Den ersten Stopp legte ich in Cluny ein. Die ehemalige Klosteranlage war noch geschlossen. So begnügte ich mich mit ein paar Bildern von außen und fuhr weiter.
Bis zum Tunnel du Bois clair ging es stellenweise ganz schön steil hoch und runter. Aber dann hatte ich den mit 1,6 km längsten Fahrradtunnel Europas erreicht.
Erwartungsgemäß war es im Tunnel ganz schön frisch und feucht.
Nach dem Tunnel ging es beständig bergab. Allerdings waren am Horizont schon die nächsten Hügel zu sehen. Für mich von Vorteil war, dass die Route überwiegend auf ruhigen Landstraßen verlief. So
hatte ich die Straße meistens für mich komplett alleine.
Für die Mittagspause hatte ich mir wieder ein frisches Baguette, Schinken, Paprika und Cola gekauft. Auf einer Bank im Grünen genoss ich so eine erholsame und nahrhafte Mittagspause.
Nach einigen Auf- und Abfahrten erreichte ich die Rhone. Der Fahrradweg verlief fast durchgängig am Fluss. So schön das war, gab es allerdings unterwegs kaum Ortschaften beziehungsweise
Campingmöglichkeiten.
Über Google Maps sah ich, dass Murs-et-Gélignieux an der Rhone einen Campingplatz hat. Auch wenn er etwas neben meiner eigentlichen Route liegt, steuerte ich diesen an.
Der Campingplatz hat einen Swimmingpool, den ich nach dem heutigen doch sehr heißen Tag gerne in Anspruch nahm. Anschließend kochte ich und genoss den Blick auf die Rhone. Und so endete ein
Fahrradtag, der mir einen Vorgeschmack auf die nun kommende Alpenüberquerung gab. Ich bin mal gespannt, was morgen auf mich wartet.
Freitag, 09. Juni 2023
Murs-et-Gélignieux (Frankreich) - Moûtiers (Frankreich)
124 km
Der Himmel zeigte sich heute bedeckt. Insgeheim war ich darüber sogar etwas froh, denn bei den zu erwartenden Anstiegen brauchte ich nicht auch noch die Hitze der Sonne.
Zunächst führte mich der Weg immer an der Rhone entlang. Doch dann begann der Anstieg zum „Tunnel du chat“ (Tunnel der Katze). Das war schon ganz schön anstrengend, vor allem, da es sich um eine viel befahrene Straße handelt. So musste ich zum einen auf die Autos aufpassen und zum anderen meine Spur halten.
Der Tunnel selber ist 1,6 km lang. Ab der Mitte hört die Steigung auf und ich konnte das Fahrrad rollen lassen. Nach dem Tunnel Richtung Chambéry hatte ich eine wunderbare Abfahrt. Stellenweise hatte ich fast 50 km/h auf dem Tacho. Da die Straße allerdings in einem sehr guten Zustand ist und die Kurven einsehbar waren, war es kein Risiko.
Auf gutem Fahrradweg führte der Weg dann weiter nach Chambéry. In der Kirche Sacré-Cœur hielt ich kurz an, um für den bisherigen Verlauf der Tour zu danken. Gleichzeitig gab es einen weiteren Stempel in meinem Pilgerbuch.
Nach der Mittagspause mit leckeren belegten Baguettes führte mich der Weg bis nach Albertville auf gut ausgebauten und sehr gut ausgeschilderten Fahrradwegen. Es gab kaum Steigungen und Gefälle.
Vielmehr führte der Weg durch eine wunderschöne grüne Landschaft.
Hinter Albertville begann dann der Anstieg nach Moûtiers. Großteils führte der Weg an der Straße entlang. Es war zwar nur eine Nebenstraße, aber durch die zum Teil knackigen Anstiege musste ich
ganz schön aufpassen. Dummerweise kam hinter jedem Anstieg gleich wieder eine Abfahrt, die die gewonnene Höhe wieder zunichte machte.
Wie auch schon kurz vor Albertville, fielen auch hier ab und zu Regentropfen. Es war zwar nicht genug, um sich Regenkleidung anzuziehen, aber ich musste auf die Elektronik aufpassen, dass diese
nicht nass wurde.
In Moûtiers fand ich sehr schnell das von mir ausgesuchte Hotel „Le Welcome“. Die Zimmer sind schön groß und das Duschwasser war richtig heiß. So lasse ich mir das gefallen.
Nachdem ich geduscht und die Wäsche gewaschen hatte, ging ich schnell für den morgigen Tag einkaufen. Anschließend stärkte ich mich in der Pizzeria nebenan, um die heute verbrauchten
Kalorien wieder aufzuholen.
Samstag, 10. Juni 2023
Moûtiers (Frankreich) - La Rosière (Frankreich)
66 km
Beim Packen des Rades stellte ich fest, dass meine beiden Spanngummis geklaut worden waren. Lediglich die Typenschilder lagen noch da. Ich komme zwar auch ohne sie aus, aber Mist ist es
schon.
Direkt am Hotel startete die Route Richtung Aosta. Es ging die ersten 10 Kilometer stramm bergauf. Am Ende war ich auf über 1.200 Höhenmeter angekommen (gestartet war ich bei 470 Höhenmetern).
Ich war schon etwas geplättet.
Danach ging es wieder 600 Höhenmeter hinab, um auf den Fahrradweg zu kommen. Eigentlich blöd, das muss ich später alles wieder hochstrampeln.
Der Radweg führte an der Isère entlang und ließ sich gut fahren. Ab und zu kamen sogar ein paar Raftingboote an mir vorbei.
In Bourg-Saint-Maurice angekommen, überlegte ich bei der Mittagspause, wie ich weitermachen sollte. Sollte ich hier bleiben und morgen den Anstieg in Angriff nehmen oder heute den Anstieg fahren? Da ich über booking.com in La Rosière ein preisgünstiges Zimmer bekam, fuhr ich los. Es ging die ganze Zeit beständig bergauf.
Der Ausblick auf die umliegenden Berge wurde mit zunehmender Höhe immer besser.
Ich legte regelmäßig Pausen ein, um mich nicht zu überfordern.
Eine Motivation waren immer wieder die am Straßenrand aufgestellten Schilder, die mir anzeigten, welche Höhe ich bereits erreicht hatte.
Irgendwann hatte ich es geschafft und war am Zielort angekommen. Das war auch gut so, denn um mich herum fing es langsam an zu regnen.
Das gebuchte Zimmer im Hotel „Relais du petite St. Bernard“ war hübsch eingerichtet. Nachdem ich geduscht hatte, stärkte ich mich im Restaurant nebenan, da das Restaurant des Hotels derzeit
geschlossen ist wegen Renovierung.
Und so endete der „Bergziegentag“, denn heute hatte ich viele Höhenmeter zu bewältigen. Morgen kommen noch ca. 400 Höhenmeter dazu und dann geht es bis Rom eigentlich nur noch bergab - zumindest
theoretisch.
Sonntag, 11. Juni 2023
La Rosière (Frankreich) - Pont St. Martin (Italien)
119 km
Heute sollten die letzten 300 Höhenmeter bezwungen werden, damit ich über die Alpen gekommen bin.
Kaum, dass ich mein geparktes Fahrrad aus der Garage geschoben hatte, wurde eine Kuhherde mit lautem Gebimmel an mir vorbei getrieben. Dazu leuchteten im Hintergrund in der Sonne die schneebedeckten Berge. Kann es etwas Kitschigeres geben?
Die letzten 8 km bis zum Gipfel des kleinen Sankt Bernhard hatte ich schnell hinter mich gebracht. Nachdem ich mir in der dortigen Hütte (was tatsächlich ein richtiges Restaurant mit Unterkunft war) den Beweisstempel abgeholt hatte, genoss ich das Gefühl, auf dem Gipfel zu stehen. Viel Schweiß hatte es gestern gekostet, auf diese Höhe zu kommen.
Dazu hatte ich sonniges Wetter, was die schneebedeckten Berge noch besser zu Geltung kommen ließ.
An einer Hinweistafel konnte ich die tragische Geschichte des Bernhardiner Rettungshundes von 1814 lesen. Dieser hatte einen französischen Soldaten aus dem Schnee gerettet. Um ihn zu wärmen,
hatte sich der große Hund an den Soldaten gekuschelt. Als dieser wach wurde, dachte er, dass ein Wolf neben ihm liegt, und erschoss das arme Tier. Eine traurige Geschichte!
Bevor ich ins Tal hinab fuhr, genoss ich noch etwas den Anblick der schneebedeckten Berge in der Sonne um mich herum.
Zum Glück hatte ich mir vor der Abfahrt die Windjacke angezogen, denn der eiskalte Wind ließ mich doch sehr frösteln. Zudem musste ich bei der Abfahrt darauf aufpassen, von den Windböen nicht aus
der Spur gebracht zu werden.
Nach über 20 km reiner Abfahrt ohne eine einzige Tretkurbelumdrehung war ich im Tal angekommen. Durch diese Abfahrt hatte ich nahezu 1500 Höhenmeter Unterschied zum Gipfel hinter mich
gebracht.
Trotz der Windjacke fror es mich doch etwas, so dass ich mich unten im Tal erst einmal von der Sonne wärmen ließ.
Bis Aosta fuhr ich auf der Hauptstraße. Hinter Aosta konnte ich auf der von mir herausgesuchten Route der Via Francigena weiter Richtung Süden fahren. Allerdings hinderte ein sehr starker
Gegenwind mein Vorankommen, und das, obwohl es stellenweise mit 10 % Gefälle nach unten ging. In der Ebene musste ich oft so treten, als würde es steil bergauf gehen. Spaß machte es nicht, aber
ich musste ja weiterkommen.
In Pont St. Martin angekommen, fuhr ich direkt zu dem heute vorgebuchten Hotel "Carla". Ein einfaches, aber sauberes Zimmer mit Dusche und Balkon erwartete mich.
Nachdem ich die Wäsche gewaschen und mich geduscht hatte, ging ich auf eine kurze Besichtigungstour in die Stadt. Anschließend stärkte ich mich in der von der Zimmerwirtin empfohlenen Pizzeria zu
einem fantastisch kleinen Preis mit einer sehr leckeren Pizza.
Mit einem Bier auf dem Balkon beendete ich diesen unvergesslichen Tag.
Montag, 12. Juni 2023
Pont St. Martin (Italien) - Vercelli (Italien)
84 km
In der Nacht ging ein heftiges Gewitter runter. Ich konnte gerade noch rechtzeitig meine Wäsche reinholen, die ich auf dem Balkon zum Trocknen aufgehangen hatte.
Zum Tagesbeginn hatte ich zweimal Frühstück. Zum einen mein mitgebrachtes Müsli und zum anderen ein italienisches Frühstück, welches das Hotel bereitstellte. Es bestand wie in Italien üblich aus
Kaffee, einem Brötchen und Marmelade. Zusätzlich gab es aber auch noch Saft und Joghurt.
So gestärkt, schwang ich mich aufs Fahrrad und setzte die Tour fort.
Der heftige Wind von gestern war eingeschlafen, so dass ich sehr flott vorankam. Lediglich die stellenweise ganz schön großen Pfützen auf den Wegen bremsten mich, da ich nie wusste, wie tief
diese Pfützen tatsächlich sind. Es muss hier in der Nacht ganz schön geschüttet haben.
In Ivrea machte ich meinen ersten Stopp, da es dort ein Informationszentrum für die Via Francigena gab. Ich wurde sehr herzlich empfangen und zusätzlich gab es noch einen Stempel in mein
Pilgerbuch.
Der weitere Weg führte mich über Nebenstraßen sowie Wirtschaftswege. Letztere waren allerdings nicht immer geteert, vielfach waren es einfache Feldwege. Ab und zu allerdings waren diese auch
so grob geschottert, dass ich aufpassen musste, nicht die Kontrolle über das Fahrrad zu verlieren.
Als weitere Erschwernis des heutigen Tages kam hinzu, dass ein Großteil des Weges durch die Reisfelder von Italien ging. Es gab keinen Schatten, und jedes Mal, wenn ich anhielt, fielen sofort die
Mücken über mich her. Zum Glück fand ich für die Mittagspause einen kleinen Ort, wo ich im Stadtpark essen konnte.
Am Nachmittag erreichte ich Vercelli. Nach dem besinnlichen Teil in der Basilika Sant‘ Andrea hatte ich in Anbetracht der Zeit keine Lust mehr, weiter zu fahren. Da kam mir das Hinweisschild zum
Hospitale Sancti Eusebi gerade recht. Hier kann ich eine Nacht bleiben, bekomme Abendessen und Frühstück und bezahle, was ich möchte. Das Ganze funktioniert nur, weil ich den Pilgerpass
dabei habe.
Nach dem Duschen machte ich einen kleinen Stadtrundgang.
Zum Abendessen war ich pünktlich in der Unterkunft zurück. Die Herbergseltern hatten Risotto gekocht. Dazu gab es Salat. War sehr lecker abgeschmeckt.
Nach dem Abendessen genoss ich noch einmal die laue Luft auf der Piazza Cavour, ehe ich ins Bett ging. Mal schauen, was morgen für ein Tag wird, denn es ist Regen vorhergesagt.
Dienstag, 13. Juni 2023
Vercelli (Italien) - Stradella (Italien)
115 km
Heute vor zwei Wochen begann meine Pilgertour. Vieles habe ich seitdem erlebt und schöne Begegnungen gehabt. Gerne darf es so weitergehen.
Wie gestern vorhergesagt, zeigte sich der Himmel total bewölkt. Nach dem Frühstück fing es auch an zu regnen. Also hieß es, die Regenklamotten anziehen und losfahren. Um das Navigationssystem zu schützen, stülpte ich eine leere Plastiktüte darüber. So konnte ich zwar den Weg nicht mehr deutlich erkennen, hatte allerdings genug Anhaltspunkte dafür.
Die Hinweisschilder auf die Via Francigena waren relativ gut sichtbar, wenn nicht das Problem der Regentropfen auf der Brille gewesen wäre. So musste ich häufiger anhalten und die Brille trocken wischen.
Zudem führte der Weg - eigentlich idyllisch - abseits der Straße über Feldwege. Durch den Regen hatten diese Feldwege allerdings viel Matsch und große Pfützen. Das Fahrrad sah innerhalb sehr kurzer Zeit fürchterlich aus. Zudem war der Weg mitten im Nirgendwo plötzlich gesperrt, da die Brücke einsturzgefährdet war. Eine Umleitung war allerdings nicht ausgeschildert.
Nach einem kurzen Test wagte ich die Querung der Brücke. Passiert ist mir dabei nichts, denn sonst könnte ich jetzt kein Tagebuch mehr schreiben.
Am späten Vormittag hörte der Regen auf. Ich kam danach durch Gebiete, in denen es heute Morgen bestimmt nicht geregnet hatte. Hier war allerdings der Nachteil, dass weicher Sand beziehungsweise
grobe Kiesel auf dem Weg waren. So musste ich höllisch aufpassen, dass mir das Fahrrad nicht weggeht beziehungsweise Schaden durch die Kiesel nahm.
Nachdem ich mir unterwegs in einem Supermarkt das übliche Mittagessen besorgt hatte, hielt ich unterwegs an, um mir die Brote zu belegen und eine Mittagspause einzulegen. Der Nachteil des
heutigen Tages ist, dass es auf der ganzen Strecke nicht eine einzige Ruhebank beziehungsweise Unterstellmöglichkeit gab. So konnte ich nur hoffen, dass es zumindest während der Mittagspause
nicht regnete.
Kaum hatte ich den letzten Bissen geschluckt, fing es wieder an zu regnen. Auf dem weiteren Weg begegnete ich einer Schildkröte. Ob die hier wirklich heimisch ist oder nur irgendwo
ausgebüxt ist, vermag ich nicht zu sagen.
Da ich gut im Zeitplan lag, überlegte ich mir, in Pavia den heutigen Tag ausklingen zu lassen. Kurz vor Pavia ging ein Wolkenbruch nieder, der mich förmlich in die Stadt schwemmte. Aber oh je,
alle Unterkünfte, die ich anfragte, waren entweder ausgebucht oder verlangten utopische Preise. Über Booking.com entdeckte ich in Stradella, welches circa 20 km von Pavia entfernt liegt, eine
nette und bezahlbare Unterkunft. So buchte ich diese und fuhr dorthin.
Kurz vor der Unterkunft musste ich die Autobahn queren. Die Brücke darüber war allerdings aufgrund einer Baustelle gesperrt. So musste ich einen großen Umweg durch ein Industriegebiet fahren. Am
Ende des Industriegebietes angekommen und schon die eigentliche Straße vor Augen, stellte ich allerdings fest, dass ein großer Zaun mein Weiterkommen verhinderte. Zum Glück traf ich dort 3
Italiener, die mir dabei halfen, mein Fahrrad über den Zaun zu heben. Hätten sie mir nicht geholfen, hätte dies einen weiteren Umweg von mindestens 5 km bedeutet.
In der Unterkunft angekommen, breitete ich zunächst alle Sachen zum Trocknen aus. Anschließend duschte ich und ging in die nahe gelegene Pizzeria. Hier stärkte ich mich und fiel danach todmüde
ins Bett.
Mittwoch, 14. Juni 2023
Stradella (Italien) - Fidenza (Italien)
87 km
Heute habe ich den Tag langsam angehen lassen, da die Wettervorhersage immer noch nicht besonders gut war.
Nachdem ich das Fahrrad sowie die Packtaschen etwas geputzt sowie die Kette gefettet hatte, fuhr ich los. Bis Piacenza tröpfelte es ab und zu. Es war aber nicht nötig, Regenklamotten anzuziehen. Vor Piacenza entdeckte ich eine hübsche Kirche und stoppte für eine Pause. Im Pfarrbüro bekam ich sogar einen Stempel.
In Piacenza besichtigte ich ausgiebig die Basilika. Auch hier gab es einen schönen Stempel.
Als ich die Basilika verließ, regnete es in Strömen. Also wieder die Regenkleidung anziehen und weiterfahren. Für Brillenträger ist Regen zwar nicht unbedingt schön, aber es nützt ja nichts. Nach einer halben Stunde hört der Regen auf und ich konnte meine Mittagspause im Trockenen machen. Pünktlich nach der Mittagspause fing es aber wieder an zu regnen. Es war aber nicht so stark, so dass ich nur die Regenjacke angezogen habe. Irgendwann hörte der Regen vollständig auf und die Sonne tauchte sogar am Himmel auf. Ab morgen soll das Wetter ja wieder richtig schön werden.
In Alseno kam ich an dem dortigen Kloster vorbei. Da ich sowieso eine Pause einlegen wollte, hielt ich an und besichtigte dieses Kleinod. Highlight war der Blütenteppich, der sich komplett durch die Längsachse der Kirche zog. Es war ein fantastischer Anblick.
Bis Fidenza waren es nur noch 20 km, die sich leicht fahren ließen. Überhaupt war heute der Großteil der Strecke geteert. Nur kleine Abschnitte waren Schotterpisten.
In Fidenza steuerte ich das von mir ausgesuchte Hotel Due Spadi an. Als ich dort ankam, wurde mir bedeutet, dass kein Zimmer mehr frei sei. Da ich ein Zimmer allerdings bei booking.com gesehen hatte, buchte ich dieses. Jetzt erst merkte der Hotelier, dass er sich damit selbst ein Bein gestellt hatte. Er bot mir an, statt dem Preis von booking.com (71 €) nur 55 € zu verlangen. Also stornierte ich die Buchung bei booking.com, auch wenn die Buchung eigentlich aufgrund der zeitlichen Nähe nicht mehr zu stornieren war.
Den Abend verbrachte ich in einem Straßencafé. Genau gegenüber übte die Jugend von Fidenza für den heutigen Auftritt mit Rollschuhen.
Als es abends um 9:00 Uhr los ging, schaute ich mir das Spektakel nur kurz an und ging dann ins Bett. Und so endete ein zum Teil sehr eindrucksvoller Tag.
Donnerstag, 15. Juni 2023
Fidenza (Italien) - Pontremoli (Italien)
90 km
Beim Aufstehen lachte die Sonne bereits vom Himmel. Dies versprach ein sonniger, aber warmer Tag zu werden.
Kurz hinter Fidenza ging es an einen ersten Aufstieg. Er war nicht besonders fordernd, aber ein Vorgeschmack auf das, was mich heute noch erwarten sollte.
Kurz hinter Fornovo di Taro ging der Weg des Via Francigena von der Hauptstraße links ab und führte mich immer steiler werdend durch eine grüne Landschaft, die ab und zu von kleinen Ortschaften unterbrochen wurde.
Allerdings gab es in diesen Ortschaften keine Bar, in der ich mich hätte stärken können. Da die Mittagshitze immer höher stieg, musste ich deshalb häufig anhalten, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Die Straße führte mich fast auf 1000 m hoch. Da war ich eigentlich schon fix und fertig, aber ein Ende war nicht abzusehen.
Kurz vor Erreichen der 1000 m Marke ging es wieder etwa 250 m bergab, nur um danach wieder auf die nahezu selbe Höhe anzusteigen.
Was war ich froh, dass ich am Straßenrand die Trattoria Catania entdeckte. Hier stärkte ich mich mit einem leckeren Baguette und Cola.
Der weitere Weg führte wieder bis auf knapp 1000 m hoch, um danach wieder auf 800 m abzusinken. Dann ging es ein letztes Mal auf über 1000 m hoch. Als ich den höchsten Punkt am Passo della Cisa erreicht hatte, wurde ich mit einer hübschen kleinen Kapelle belohnt.
In dieser Kapelle haben auch einige Gewinner des Giro d’Italia ihre Trikots aufgehangen. Sogar eine Goldmedaille hängt dort an der Wand.
Vor der Weiterfahrt bekam ich zwei Stempel für mein Pilgerbuch.
Der Weg von der Kapelle bis nach Pontremoli ging nur bergab. Das war eine Wohltat nach den vielen Steigungen, die ich heute überwinden musste.
In Pontremoli hatte ich mir eine günstige Ferienwohnung für die Nacht gemietet. Ich hatte diese auch schnell gefunden, denn der Ort ist nicht besonders groß. Auf dem Weg dorthin kam ich an einer Gelateria vorbei und konnte mich mit Zitroneneis stärken.
Für das Abendessen ging ich in ein nettes Restaurant am Marktplatz. Hier gab es sogar die Oricchetti, die Beatrice und ich 2020 in Bari kennengelernt hatten. Das Essen war sehr lecker und der Wirt sehr nett. So hatte ich einen schönen Abend, ehe ich ins Bett ging und diesen „Bergziegentag“ beendete.
Freitag, 16. Juni 2023
Pontremoli (Italien) - Marina di Massa (Italien)
63 km
Nach einer ruhigen Nacht hieß es heute Abschiednehmen von dieser schönen Ferienwohnung. Aber oh Schreck: die Wohnung ist im fünften Stock und der Aufzug kaputt. So musste ich das Fahrrad und das Gepäck durch das Treppenhaus hinab tragen. Das nenne ich Frühsport am Morgen.
Meinen ersten Stopp legte ich an der Kirche in Aulla ein. Die Kirche war relativ schlicht eingerichtet. Zu meiner großen Freude war aber der Küster da, der mir einen Stempel in mein Buch gab.
Dass es auf dem Weg zum Meer eine Steigung geben sollte, konnte ich auf der Karte sehen. Dass diese Steigung allerdings insgesamt über 500 Höhenmeter netto sein sollte, das konnte ich so nicht erkennen. Also ging es wie gestern los: bei den kräftigen Steigungen ein Stück fahren, im Schatten anhalten, zur Ruhe kommen und weiterfahren bis zum nächsten Stopp.
Auf dem höchsten Punkt angekommen, gab es diesmal keine Kapelle. Nur die Abfahrt lockte. Hier musste ich allerdings vorsichtig sein, da der Zustand der Straße nicht besonders war. Bei den vielen Schlaglöchern wollte ich nicht so schnell sein.
Je weiter ich mich dem Meer näherte, umso touristischer wurde es. Hier ist alles bestens ausgebaut: Eine Bar reiht sich an die nächste und ein Hotel steht am anderen. Da ich mich im Vorfeld
über die Preise der Hotels informiert hatte, suchte ich bewusst einen Campingplatz auf, denn ich war nicht bereit, über 100 € für ein 2 Sterne Hotel zu bezahlen.
Beim Camping dal Pino schlug ich mein Zelt auf. Nachdem ich in einer Bar am Strand das Mittagessen nachgeholt hatte, ging ich an den belebten Strand.
Das Wasser und der Sand waren warm; so hielt ich es lange aus. Als es Zeit wurde für das Abendessen, kehrte ich zu meiner kleinen Behausung zurück, duschte mich und ging ins Restaurant um die Ecke. Es war ein leckeres Menü, das ich mir zusammengestellt hatte.
Um 21:30 Uhr wurde es laut, denn da kamen die italienischen Familien mit ihren kleinen Kindern. Da mir der Lärmpegel nun deutlich zu hoch war, ging ich noch einmal an den Strand.
„Zufälligerweise“ kam ich an einem Eisladen vorbei und stärkte mich für die Nacht mit einem leckeren Zitroneneis.
Damit endete dieser Tag am Meer.
Samstag, 17. Juni 2023
Marina di Massa (Italien) - Lucca (Italien)
62 km
So schön es am Meer ist, aber der Nachteil ist, dass alles voller Sand ist. Der Zeltboden war komplett eingesandet. Dieser ließ sich nur sehr schwer entfernen, da er am Zeltboden noch feucht war. So packte ich das Zelt eben so ein. Beim nächsten Aufbau wird der Sand abgehen.
Der Fahrradweg der Via Francigena führte parallel zum Ufer auf etwa 200 m Höhe. Von hier oben hat man einen tollen Blick auf das Mittelmeer.
Nachdem ich so einen letzten Blick auf das Meer geworfen hatte, führte der Weg wieder bis auf nahezu Meeresniveau hinab. Es war zwar eine tolle Abfahrt, die ich mir allerdings davor erst
verdienen musste.
Nach ein paar Kilometern in der Ebene führte der Weg wieder nach oben. Diesmal stieg er auf etwa 250 Höhenmeter an. Aber auch hier folgte eine rasante Abfahrt. Diese ging zwar nicht wieder bis
auf Meeresniveau, aber ich verlor schon einige Höhenmeter. Und da bekanntlich aller guten Dinge drei sind, musste ich ein drittes Mal bergauf strampeln. Das war dann aber auch der
anstrengende Teil für heute gewesen, denn Lucca liegt nur knapp über dem Meeresniveau.
Kurz vor Erreichen der Unterkunft ging ich in einen Supermarkt und füllte meine Vorräte auf. Danach bezog ich mein Zimmer.
Nach dem Duschen und einer verspäteten Mittagspause ging ich nach Lucca hinein. Der Altstadtkern ist von einer begehbaren und mit Fahrrädern befahrbaren Stadtmauer umgeben. Innen
präsentiert sich die Stadt mit vielen Kirchen und schön hergerichteten Häusern. Natürlich besuchte ich auch die beiden großen Kirchen und bekam gleich zwei weitere Stempel in meinem
Pilgerbuch.
Nachdem ich kreuz und quer durch die Innenstadt gegangen war und die Atmosphäre auf mich hatte einwirken lassen, stärkte ich mich mit dem fast schon üblichen Campari Spritz.
Anschließend kehrte ich Richtung Unterkunft zurück, da um die Ecke die Pizzeria „Du‘ Palle“ bei Google Maps angegeben war. Sie liegt etwas versteckt, weshalb ich zunächst daran vorbei
gegangen war.
In der Pizzeria konnte ich lediglich einen Platz im Innenbereich bekommen, da der Rest komplett besetzt war. Die Speisekarte war nur über eine App verfügbar und ich hatte keine Lust, extra eine
App dafür zu laden. So kam der Wirt persönlich und nahm die Bestellung auf. Zudem war er der Einzige, der relativ verständliches Englisch sprach.
Ich hatte Salat und Pizza bestellt. Als die Pizza kam, sah ich, dass es nicht die von mir bestellte Thunfischpizza war. Da ich aber Hunger hatte und der Wirt nicht zu sehen war, nahm ich eben
diese. Als ich schon einiges davon gegessen hatte, kam er mit der bestellten Pizza und tauschte diese aus.
Nach dem Essen kam die große Überraschung: für den Salat, die Pizza sowie ein Glas Wein sollte ich lediglich 15 € bezahlen. Dazu gab es noch ein großes Glas Limoncello. Das war eine nette
Überraschung.
Und damit endete dieser Tag in Lucca. Morgen geht es weiter.
Sonntag, 18. Juni 2023
Lucca (Italien) - San Gimignano (Italien)
92 km
Ich war heute extra früh aufgestanden, da ich heute eine längere Strecke nach San Gimignano vorhatte. Nachdem ich alles gepackt und gefrühstückt hatte, ging ich zum Fahrrad, um es zu beladen. Aber oh je, das Vorderrad war platt. Also ausbauen und nach der Ursache forschen. Der Schlauch war an der Naht auf mehrere Zentimeter aufgeplatzt. Wahrscheinlich hat er die Tortur mit den Schlaglöchern nicht so gut vertragen.
Jetzt war guter Rat teuer. Heute ist Sonntag und Reparaturbetriebe haben heute nicht auf. Über Google Maps fand ich allerdings den Fahrrad-Reparaturladen „Bike Service“ in Lucca, der ab 9:00 Uhr geöffnet sein sollte. Er war auch „nur“ 3 km entfernt, so dass ich mich sofort mit dem Vorderrad in der Hand zu Fuß auf den Weg machte. Dort angekommen, war noch alles zu, obwohl es schon kurz nach 9 Uhr war. Ich rief den Inhaber an, der versprach, umgehend zu kommen.
Es dauerte auch wirklich nicht lange und dann kam er. Leider hatte er nicht den genau passenden Schlauch vorrätig, sondern nur ein etwas Größeren. Er baute ihn auch gleich ein. Da das Ganze einen vernünftigen Eindruck machte, beließen wir es dabei. Mit dem geflickten Vorderrad in der Hand marschierte ich die 3 km zur Unterkunft zurück. Dort angekommen, baute ich das Vorderrad wieder ein, belud das Rad und fuhr los. Mittlerweile war es schon 10:30 Uhr geworden. Ich sputete mich, um möglichst schnell voran zu kommen.
Nach der Mittagspause kam die erste größere Bergetappe. Es ging nach San Miniato hoch (und später alles wieder runter). Endlich oben im Ort angekommen, besichtigte ich die dortige sehr schöne Kirche.
Besonders im oberen Bereich war die Kirche sehr reich ausgemalt. Einen Stempel konnte ich mir nicht holen, da die
dazugehörige Informationsstelle noch 2 Stunden Mittagspause hatte. Und so lange wollte ich nicht warten.
Je weiter ich fuhr, umso mehr entsprach die Landschaft unserem Klischee von der Toskana.
Nach einer längeren ebenen Strecke, kam der größte Anstieg für heute. Es ging von 40 auf über 500 m hoch. Im Ort Gambassi Terme angekommen, nutzte ich die dortige Kirche Chiesa di Cristo Re
(o dei Santi Jacopo e Stefano), um durchzuatmen und mich abzukühlen. Zufällig war auch der dortige Pfarrer anwesend und gab mir gerne einen Stempel in mein Pilgerbuch.
Der weitere Weg nach San Gimignano führte überwiegend bergab. Das war nach den heutigen Strapazen und den aktuell herrschenden Temperaturen eine richtige Wohltat.
In San Gimignano angekommen, erlebte ich noch den Einzug einer mittelalterlichen Gruppe in die Stadt mit. Anhand der Plakate konnte ich erkennen, dass dieses Wochenende Stadtfest gewesen war.
Mein gebuchtes Hotel liegt etwas unterhalb von San Gimignano. Nachdem ich dort angekommen war, kühlte ich mich zuerst im Pool ab, duschte, wusch die Wäsche und bestellte mir mein Abendessen. Da
das Restaurant heute für eine Hochzeit besetzt ist, wurde mir das Abendessen am Pool serviert. Ich fand das gut, so im Freien zu sitzen.
Und damit endete dieser doch etwas anstrengende Tag. Morgen lege ich hier einen Faulenzertag ein und werde die weitere Tour nach Rom planen. Da ich bislang zu schnell war, muss ich die einzelnen
Abschnitte neu festlegen.
Montag, 19. Juni 2023
San Gimignano (Italien)
0 km
Heute war zunächst Ausschlafen angesagt. Immerhin wollte ich heute einen Ruhetag einlegen.
Das übliche Müsli-Frühstück genoss ich auf meiner Terrasse. War das schön, ohne Zeitdruck einfach frühstücken zu können.
Zum Verdauen zog ich mich an den Pool zurück. Immer, wenn es mir zu warm wurde, sprang ich in den Pool und kühlte mich ab. Ich sag doch, heute sollte ein Ruhetag werden.
Zusätzlich plante ich meine weitere Tour bis nach Rom. Aufgrund meiner bisherigen Tagesleistungen liege ich vor meinem Plan und habe deshalb die Zeit, noch einen Stopp am Lago di Bolsena
einzulegen.
Gegen 14:00 Uhr zog ich mich an und ging nach San Gimignano hoch. Wie üblich war die Stadt von Touristen sehr gut bevölkert. Sie ist auch etwas Besonderes, denn die Wohntürme in dieser Anzahl
sind schon einzigartig. Zuletzt war ich 2019 auf der Fahrt nach Korsika mit Beatrice hier.
Da ich heute nichts anderes vorhatte, durchschlenderte ich die mittelalterliche Stadt in alle Himmelsrichtungen. Obwohl ich schon mehrfach hier gewesen war, entdeckte ich doch noch neue Sichtweisen auf die Stadt. Besonders schön fand ich die Chiesa di Sant'Agostino, denn neben ihren beeindruckenden Fresken hat sie auch einen wunderschönen Kreuzgang. Da diese Kirche nicht ständig geöffnet ist, hatte ich sie in der Vergangenheit noch nie besichtigen können.
Nach diesem Teil für die Seele setzte ich mich in ein Straßencafé und schaute den vorbeieilenden Touristen bei einem Campari Spritz zu. Es war schon interessant, die verschiedenen Touristentypen
zu beobachten. Manche eilten durch die Straßen, manche blieben bei jedem Stein stehen, und wieder andere waren mehr an den Läden, die rechts und links des Weges lagen, interessiert.
Da ich hier oben einen sehr guten Internet Empfang hatte (im Gegensatz zum Hotel), tätigte ich meinen täglichen Anruf in die Heimat von hier.
Anschließend ging ich in das Restaurant neben meinem Hotel. Der Service war am Anfang zwar nicht besonders, aber als der Chef des Restaurants dann übernommen hatte, klappte alles wie am
Schnürchen. Zudem war das Essen sehr lecker. Es überstieg zwar mein heutiges Budget, aber es war jeden Cent wert.
Gut gesättigt und mit reichlich Wein und Grappa im Bauch ging ich ins Bett. Dieser Ruhetag hat mir wirklich gut getan.
Dienstag, 20. Juni 2023
San Gimignano (Italien) - Buonconvento (Italien)
84 km
Nach ein paar Runden im Pool packte ich zusammen und fuhr Richtung Siena. Die Strecke auf der Via Francigena führte mich heute oftmals über geschotterte Wege. Besonders in Steigungsbereichen war der Schotter so grob, dass ich absteigen musste, um zu schieben. Auch musste ich wegen des Schotters oftmals bergab langsam fahren, da Bodenrillen und grobe Steine es nicht zuließen, das Fahrrad laufen zu lassen.
In Siena angekommen, ließ ich den gekauften Schlauch aus Lucca noch einmal bei einem Fahrradhändler überprüfen. Er hätte mir auch keinen anderen verkaufen können, da dieser Schlauch für mehrere Reifengrößen passt. Anschließend stürzte ich mich in die Menschenmenge, um zum Dom zu gelangen. Die Fußgängerzone quoll vor Menschen nur so über. Es machte demzufolge keinen Spaß, das vollgepackte Fahrrad dort durch zu schieben.
Als ich den Dom erreicht hatte, holte ich mir zunächst einen Stempel für mein Pilgerbuch. Da man in den Dom nur gegen Zahlung eines hohen Eintrittspreises kommt, schaute ich ihn nur von außen an.
Anschließend wollte ich mir den berühmten Platz der Pferderennen ansehen. Es war gar nicht so leicht, in mitten des ganzen Gewühls den richtigen Weg zu finden.
Als ich ihn endlich gefunden hatte, wirkte er aufgrund der Absperrungen wenig einladend.
Kurz hinter dem Platz befindet sich die Chiesa di San Martino. Hier legte ich eine kurze Besinnungspause ein.
Anschließend fuhr ich so schnell wie möglich aus Siena weg, denn diese Menschenmassen verleideten mir schon etwas den Spaß an der Stadt. Hinter Siena fühlte ich mich bei der Landschaft oftmals an
die Prärie der USA erinnert. Sanfte Grashügel erstreckten sich rechts und links des Fahrradweges, soweit das Auge reichte.
Da ich bislang noch keine Mittagspause eingelegt hatte, holte ich dies bei der nächstbesten Gelegenheit nach. Dort traf ich einen Fußpilger aus den Niederlanden. Bei unserem Gespräch über "Gott
und die Welt" vergaßen wir beide komplett die Zeit. So war es schon Nachmittag, ehe wir endlich weiter zogen.
Nach weiteren 30 km erreichte ich mein heutiges Tagesziel, den Ort Buonconvento. Aufgrund der am Wochenende stattfindenden Fahrrad-Veranstaltung Eroica waren alle Unterkunftsmöglichkeiten
ausgebucht. Ich hatte allerdings Glück und fand im Hotel „Ghibellino“ noch ein freies Zimmer.
Nachdem ich mich frisch gemacht hatte, besuchte ich noch die hiesige Kirche Sankt Peter und Paul. Anschließend ging ich in den Supermarkt, um für das Abendessen einzukaufen. Ich wollte heute
nicht schon wieder in ein Restaurant gehen.
Während des Abendessens schaute ich mir den Klamaukfilm „Die nackte Kanone 33 1/3“ an. Es war eine herrliche Entspannung nach dem heutigen staubigen und zum Teil fahrtechnisch sehr
anspruchsvollen Tag.
Mittwoch, 21. Juni 2023
Buonconvento (Italien) - Acquapendente (Italien)
88 km
Im Hotelpreis war ein kontinentales Frühstück enthalten. Ich nahm dieses Angebot deshalb gerne in Anspruch. Und tatsächlich: es war ein vollwertiges Frühstück mit Saft, Joghurt, Brötchen, Schinken, Obst und Müsli. Dazu gab es einen leckeren Kaffee. Das war mal etwas anderes als das übliche Müsli Frühstück jeden Morgen.
Gut gestärkt fuhr ich los. Aber leider endete der schöne Teil auf der Straße schon bald. Die nächsten Kilometer waren nur noch staubige Schotterpiste. Übel war es vor allen Dingen, wenn ein Auto entgegenkam oder mich überholte.
Das Problem war nicht nur der Staub, sondern auch der Kiesbelag. Der war stellenweise so tief, dass das Rad aus der Spur geriet, und ich drohte, hinzufallen.
Nachdem ich den zweiten Anstieg auf über 500 Höhenmeter bewältigt hatte, kam die große Enttäuschung: Die Abfahrt hatte laut Warnhinweis 15 % Gefälle. Bei dem losen Kies und den engen Kurven war
an ein flottes Fahren aber nicht zu denken. Ich musste ständig auf Schrittgeschwindigkeit herunter bremsen. Am Ende der Abfahrt (über 200 Höhenmeter tiefer) taten mir die Hände vom vielen Bremsen
richtig weh.
Bis zum nächsten Anstieg auf über 700 Höhenmeter verlief die Straße mehr oder weniger geradeaus. So hatte ich die Möglichkeit, die mich umgebende Landschaft in Ruhe anzuschauen. Es war schon
schön, das satte Grün und die kleinen Städte beziehungsweise Gutshäuser um mich herum zu sehen.
Nachdem ich beim zweiten Anstieg endlich auf 700 m Höhe über dem Meeresspiegel angekommen war, wartete eine kilometerlange entspannte, aber auch rasante Abfahrt auf mich. So hätte es eigentlich
nach dem ersten Anstieg auch sein müssen.
Nach einem kleineren dritten Anstieg erreichte ich meinen heutigen Zielort Acquapendente. Bevor ich meine Unterkunft „Il Borgo“ ansteuerte, stärkte ich mich zunächst mit einem leckeren
Zitroneneis.
Nach dem Duschen und einem Stärkungsdrink durchstreifte ich den kleinen Ort.
Highlight in dem Örtchen ist die Kathedrale zum heiligen Grab. Angeblich gibt es dort zwei Stelen mit ein paar Blutstropfen von Jesus Christus.
Nach diesem kulturellen Highlight verlangte der Magen nach Stärkung. Da meine Unterkunft gleichzeitig Restaurant und Pizzeria war, ließ ich mich dort sehr gut verwöhnen. Es gab zwar ein paar
Sprachschwierigkeiten, welche aber dem leckeren Essen keinen Abbruch taten.
Gut gesättigt ging ich ins Bett und beendete diesen Tag.
Donnerstag, 22. Juni 2023
Acquapendente (Italien) - Capodimonte (Italien)
53 km
Bevor ich heute die Tour startete, kaufte ich zunächst in einem kleinen Laden ein Tape. Damit werde ich versuchen, die gelöste Naht der Packtasche zu flicken.
Bald schon erreichte ich auf Nebenstraßen und ungeteerten Wirtschaftswegen den Lago di Bolsena.
Nach einer rasanten Abfahrt fast bis auf Seehöhe zweigte der offizielle Weg der Via Francigena nach links ab. Wäre ich dort nur nicht abgefahren! Zunächst handelte es sich wieder um einen
ungeteerten Weg, auf dem der lose Kies stellenweise Zentimeter dick lag. Das wäre noch zu verschmerzen gewesen. Aber der weitere Weg, so man davon sprechen kann, wäre selbst für Mountainbikes
eine Herausforderung gewesen. Ausgewaschene, tiefe Rinnen, große, scharfkantige Steine sowie Gräser, die Meter hoch in den Weg hineinwachsen. Dazu eine Menge Steigungen und Gefälle, die
mich zwangen, abzusteigen und zu schieben. Irgendwann mündete dieser „Weg“ wieder auf der Seeuferstraße. Hier kam ich gut voran, auch wenn es bergauf ging.
Am Ortseingang von Montefiascone stand eine "Pilger-Stele", die anzeigte, dass es ab hier offiziell noch 100 km bis zum Grab des heiligen Petrus sind. Zur Erinnerung konnte man sich selbst einen
Stempel in das Pilgerbuch drücken.
Nach der Mittagspause in einer Bar fuhr ich die letzten 15 km nach Capodimonte an den Lago di Bolsena. Obwohl der Ort abseits der Via Francigena liegt, musste ich hierher, denn der Besitzer
unseres Wohnmobil-Stellplatzes in Bonn hat hier seine zweite Heimat. In seinem Lieblingsstrandrestaurant „La Bussola“ wurde ich bereits erwartet, weil er mein Kommen schon telefonisch
angekündigt hatte. Da ich gerade gegessen hatte, bestellte ich für heute Abend einen Tisch.
Der Campingplatz war nicht mehr weit. Nach dem Aufbau des Zeltes kühlte ich mich, so gut es ging, im See ab. Das Wasser ist richtig warm und deshalb nicht so erfrischend, aber immer noch
kühler als an Land.
Den Rest des Nachmittags verbrachte ich mit Lesen und Ausruhen im Schatten.
Als es Zeit wurde, ging ich zum Strandrestaurant. Nach einem Gin-Lemon gab es leckere Pastas und einen Salat. Dazu hatte ich den hier beliebten Frissante. Er ist zwar etwas süß, trinkt sich aber wie Wasser.
Nach dem leckeren Essen, einem Espresso und einem Grappa machte ich noch für den Vermieter des Stellplatzes unseres Mausmobils ein Erinnerungsfoto.
Wieder auf den Campingplatz, gab es noch einen kleinen Gutenachtdrink, ehe ich mich in mein Zelt verzog.
Freitag, 23. Juni 2023
Capodimonte (Italien) - Capranica (Italien)
62 km
Was ist das? Ich wurde heute geweckt von Regentropfen, die auf mein Zelt prasselten. Zum Glück waren es nicht viele, und die Temperatur wurde dadurch auch nicht geringer.
Da es sowieso langsam Zeit zum Aufstehen wurde, nutzte ich die Gelegenheit und ging eine Runde schwimmen im Lago di Bolsena. Es ist einfach ein herrliches Gefühl, die Bettwärme im klaren Wasser
zu verlieren.
Zum Glück tröpfelte es nicht mehr aus den Wolken, obwohl diese noch den Himmel bedeckten. So ließ ich mir Zeit mit dem Packen, frühstückte in Ruhe und fuhr dann los.
Nach knapp 30 km erreichte ich Viterbo. Der Verkehr hier forderte meine ganze Aufmerksamkeit. Dummerweise führte der offizielle Weg der Via Francigena an der Innenstadt vorbei. So machte ich
meinen ersten Stopp an einer modernen katholischen Kirche.
Da ich früh dran war, wich ich vom Weg ab und fuhr noch einmal in die Altstadt von Viterbo. Die dortige Kathedrale wollte ich mir unbedingt ansehen.
Nach diesem Besichtigungsprogramm setzte ich meinen Weg fort. Wie üblich, bestand der Weg mehr aus Schotterpisten als aus geteerten Straßen.
In Vetralla machte ich meine Mittagspause. Dort aß ich die schlechteste Pizza Margherita und das schlechteste Zitroneneis, an das ich mich erinnern kann. Auf der weiteren Fahrt meldete sich mein
Bauch auch gleich mit leichtem Bauchweh.
Die letzten 10 km bis zu meinem Zielort Capranica standen wieder unter der Rubrik „Teststrecke für Mountainbikes“. Tiefe Sandfelder, ausgewaschene Rinnen, große Feldsteine auf dem Weg sowie
Aufstiege und Abfahrten, die schon für ein unbeladenes Fahrrad eine Herausforderung darstellen, machten mir das Vorwärtskommen nicht unbedingt leichter.
In Capranica angekommen, fand ich gleich das vorgebuchte Hotel. Von außen wirkt es wie eine Kirche.
Die Zimmer sind klein, aber sauber.
Nachdem ich mich von den heutigen Strapazen erholt hatte, duschte ich, ging einkaufen und machte anschließend einen kleinen Rundgang durch die Stadt.
Nach dem Abendessen wurde es schon bald Zeit, dem Körper Ruhe zu gönnen. Immerhin war es heute ein heißer und schwüler Tag gewesen mit vielen bergauf- und bergab-Strecken.
Samstag, 24. Juni 2023
Capranica (Italien)
0 km
Hatte ich gestern nicht geschrieben, dass ich zum Mittagessen die schlechteste Pizza Margherita und das schlechteste Eis hatte? In der Nacht bekam ich die Folgen zu spüren. Der Bauch tat weh und die Toilette war zum Glück nicht weit vom Bett entfernt.
An eine weitere Fahrt war auf keinen Fall zu denken. Da war es mein Vorteil, dass ich vor meinem eigentlichen Zeitplan liege und erst morgen in Rom erwartet werde. So verlängerte ich noch in der Nacht über booking.com meinen Aufenthalt hier in der Unterkunft.
Als ich das Gefühl hatte, mich gefahrlos aus dem Zimmer bewegen zu können, machte ich einen kurzen Rundgang durch das hübsche mittelalterliche Dorf. Den Pilgerstempel für mein Pilgerbuch bekam ich witzigerweise in der Bar neben der Kirche. Das hatte ich so noch nicht erlebt.
Auf dem Rundgang entdeckte ich auch die Trinkwasserquelle, von der gestern die Zimmerwirtin gesprochen hatte. Dort werde ich morgen meine Flaschen auffüllen, um für die Fahrt nach Rom gerüstet zu
sein. Vielleicht ist es auch ganz gut, heute noch hier zu bleiben, denn für die Region Rom sind für den Nachmittag schwere Gewitter vorhergesagt.
Am Ortsausgang des alten Städtchens öffnete heute eine große Filiale der Supermarktkette COOP.
Wie nicht anders zu erwarten, war der Laden übervoll. Ich holte mir dort Salzstängele und Cola und verbrachte den Nachmittag wieder in meinem Zimmer.
Für das Abendessen gehe ich in dasselbe Restaurant wie gestern Abend. Das Essen hier ist lecker, preiswert und der Blick über das Tal ist einfach nur schön.
Beim Abendessen achtete ich aufgrund der schlechten Erfahrung mit der Pizza und dem Eis darauf, nicht zu belastende Speisen zu mir zu nehmen.
Nach dem Essen ging ich wieder auf mein Zimmer, telefonierte mit daheim und las noch etwas. Und damit ging dieser doch außergewöhnliche Tag zu Ende.
Sonntag, 25. Juni 2023
Capranica (Italien) - Roma (Italien)
64 km
Um 6:00 Uhr klingelte der Wecker, denn ich wollte möglichst früh losfahren, um die Morgenkühle auszunutzen.
Bis Rom wollte ich die SS 2 nehmen und nicht den offiziellen Fahrradweg, da dieser zum einen mehr oder weniger parallel zur SS 2 verläuft und zweitens ich wieder fürchterliche Streckenabschnitte befürchtete. Vom Höhenprofil her schenkten sich die beiden Routen nichts. Allerdings kam ich auf der SS 2 viel schneller vorwärts, da diese in einem sehr guten Zustand ist.
Je näher ich Rom kam, umso mehr nahm der Verkehr zu. Mittlerweile habe ich mich allerdings an den italienischen Fahrstil vieler Autofahrer gewöhnt und kann damit umgehen, dass für diese ein Abstand von 10 cm zum Fahrradfahrer vollkommen ausreichend ist.
Dank der Wegbeschreibung der Via Francigena erreichte ich problemlos den Petersdom. Es war schon ein sehr schönes Gefühl, diesen nach knapp 2300 km im Sattel endlich erreicht zu haben.
Nach diesem Erinnerungsfoto fuhr ich die neun Kilometer hoch zum Gästehaus des Deutschen Ordens, wo ich für die nächsten fünf Nächte ein Zimmer gebucht habe.
Das Gebäude liegt in einem Botschaftsviertel. Sehr gepflegte Villen stehen deshalb rechts und links der Straße. Ich war schon etwas erschrocken, als ich vor dem Tor des Gästehauses stand. Dieses machte einen etwas heruntergekommenen Eindruck. Als sich auf mein Klingeln niemand meldete, befürchtete ich schon das Schlimmste. Nach einiger Zeit allerdings öffnete sich das Tor, und der Pater entschuldigte sich, dass er mein Klingeln nicht gleich gehört habe. Hinter dem Tor entpuppte sich das Gästehaus als sehr hübsche, gepflegte Villa inmitten eines üppigen grünen Gartens.
Ich bezog mein Zimmer im dritten Stock und musste dafür den altertümlichen Aufzug benutzen. Er hat noch eine Gittertür nach außen, zwei Holzklapptüren nach innen und beide Türpaare müssen erst verriegelt sein, bevor man losfahren darf. Technisch ist er allerdings einwandfrei, weshalb ich mir keine Sorgen machen musste.
Nachdem ich mich eingerichtet hatte, ging ich zu Fuß zum Bahnhof Termini und kaufte mir eine Wochenkarte für die öffentlichen Verkehrsmittel. Damit fuhr ich auch gleich noch einmal zum Petersdom. Aufgrund meines Pilgerpasses musste ich nicht in der langen Schlange anstehen, sondern konnte gleich hinein. Dort bekam ich meinen letzten Stempel in mein Pilgerbuch und die Bestätigung, dass ich den Pilgerweg absolviert habe.
Anschließend ließ ich mir Zeit, den Petersdom in Ruhe zu besichtigen. Natürlich verweilte ich länger am Grab meines Namensvetters.
Dieser Jünger von Jesus und spätere erste Papst der Kirche war schon ein besonderer Mensch. Umso mehr berührte es mich, hier zu stehen. Da heute noch nicht mein Namenstag ist, war seine Statue auch noch nicht geschmückt.
Auch die Gruft mit den Gräbern und Sarkophagen der ehemaligen Päpste nahm ich in Augenschein. Interessanterweise ist zwischen all diesen Päpsten sogar eine Frau beerdigt. Nein, es ist keine Päpstin gewesen, sondern eine Fürstin von Zypern aus vergangenen Jahrhunderten, die aufgrund ihrer Leistungen hier beerdigt werden durfte.
Da heute Sonntag war, fand zu jeder vollen Stunde eine Heilige Messe statt. Ich nahm an einer teil. Auch wenn diese auf Italienisch gelesen wurde, konnte ich der Messe doch gut folgen, da die Liturgie der katholischen Kirche weltweit einheitlich ist. Interessant war die Stimme des Lektors. Klar, laut und deutlich verlas er den Text. Dagegen hat der Diakon meiner Heimatgemeinde fast schon ein leises Stimmchen.
Nach diesen kulturellen Highlights stärkte ich mich mit einem großen Eis. Es schmeckte gleich ganz anders, als das Eis in Vetralla, welches mir vorgestern Probleme bereitet hatte.
Das Abendessen nahm ich in einer Trattoria in der Nähe des Gästehauses ein. Es war natürlich nicht ganz so preiswert wie gestern, aber die Portionen waren ordentlich und der Geschmack sehr gut.
Anschließend wusch ich noch die verschwitzten Fahrradsachen durch, reinigte meine Packtaschen und Fahrradschuhe vom Staub und ging schlafen. Mit diesem Tag endete eigentlich die Pilgertour. Allerdings will ich die nächsten Tage in Rom verbringen und am Freitag erst nach Hause fahren.
Montag, 26. Juni 2023
Roma (Italien)
0 km
Heute war erst einmal Ausschlafen angesagt. Danach frühstückte ich in Ruhe. So war ich bestens gerüstet für mein heutiges, sehr umfassendes Besichtigungsprogramm: Ich hatte mir vorgenommen, die insgesamt sieben offiziellen Pilgerkirchen zu besichtigen.
Mit dem Bus fuhr ich bis zum Bahnhof Termini. Danach ging ich zur Kirche Santa Maria Maggiore. Zum Glück hatte ich gelesen, dass die einladende Haupttreppe die Rückseite der Kirche darstellt. Von dieser Seite sah die Kirche nämlich geschlossen aus. Also umrundete ich das Gebäude und stand vor einer sehr prächtigen Kirche.
Der Innenraum war ebenfalls prachtvoll gestaltet. Auch die Seitenaltäre waren sehr beeindruckend. Ich hatte Glück und es waren nur wenige Besuchergruppen in der Kirche. So konnte ich alles in Ruhe besichtigen. Auch der Reliquienschrein, in dem sich angeblich Holzstücke von der Krippe von Jesus befinden, war frei zugänglich.
Als Nächstes besichtigte ich die Lateranbasilika. Sie wird die Mutter aller Kirchen genannt und ist gleichzeitig der Sitz des Bischofs von Rom. Mit vollem Namen heißt sie "Archibasilica
Sanctissimi Salvatoris et Sanctorum Iohannis Baptistae et Evangelistae in Lateran" (Erzbasilika des Allerheiligsten Erlösers, des heiligen Johannes des Täufers und des heiligen Johannes des
Evangelisten im Lateran).
Auch diese Kirche war sehr prächtig ausgestaltet. Blickfang waren die zwölf überlebensgroßen Apostel, die sehr detailliert gestaltet waren. Wie schon in der letzten Kirche, hatte ich auch hier Glück und es waren nur wenige Besucher da. So konnte ich die Atmosphäre in Ruhe auf mich wirken lassen. Besonders beeindruckend war die vergoldete Kassettendecke.
Die neben anliegende heilige Stiege besichtigte ich nur kurz, da wir in Bonn ebenfalls eine solche haben.
Mittlerweile war Mittagszeit, und ich musste unbedingt noch zum deutschen Pilgerbüro, um meine Karte für die Generalaudienz am Mittwoch abzuholen. So fuhr ich mit der Metro die mir schon bekannte Strecke. Auf meinem Weg zum Pilgerbüro kam ich an der Engelsburg vorbei.
Im Pilgerbüro erfuhr ich, dass ich für die Heilige Messe am Sankt Peter und Pauls-Tag eine Eintrittskarte brauche, da ich ansonsten nicht in den Petersdom komme. Es hat zwar auf dem Vorplatz
genügend Plätze. Da diese dann aber alle in der Sonne liegen und die Messe über 2 Stunden dauert, fragte ich nach Möglichkeiten, an eine Karte zu kommen. Die Mitarbeiterin gab mir den Tipp,
zunächst eine Mail an die Vergabestelle zu schreiben und anschließend am Petersdom bei den Schweizer Gardisten nach einer Karte zu fragen.
Nachdem ich die Mail geschrieben hatte, ging ich zum Petersdom. Heute waren deutlich mehr Besucher als gestern anwesend. Was war ich froh, dass ich mit meinem Pilgerausweis einen extra Zugang
nutzen und an allen Besuchern vorbei gehen konnte. Ich fand auch gleich einen netten Schweizer Gardisten, der mir eine Einlasskarte für die Heilige Messe geben durfte. Anschließend konnte ich ihn
über seinen Dienst und die Voraussetzungen ausfragen. Er hat noch zwei Jahre vor sich und traditionell endet die Dienstzeit mit dem Fußmarsch von Rom in die Schweiz über die mir bekannte Via
Francigena.
Um das Gelände des Petersdoms wieder verlassen zu können, musste ich durch den Petersdom gehen. Heute schoben sich hier Menschenmassen durch. Die Ruhe, die ich gestern hatte, war heute nicht
gegeben. Ich beglückwünschte mich innerlich dazu, bereits gestern hier gewesen zu sein.
Nach einer Stärkungspause in einer Bar fuhr ich mit dem Bus zur nächsten Papstbasilika "Sankt Paul vor den Mauern". Sie steht über dem mutmaßlichen Grab des Apostels Paulus. So wurde schon
früh eine Kirche über diesem Grab errichtet. Im Jahr 1823 brannte das Gotteshaus aber fast vollständig ab. Papst Leo XII. veranlasste den originalgetreuen Aufbau und eröffnete die Basilika 1854
wieder. Diese Kirche gefiel mir von außen bislang am besten.
Sie wirkte durch die Säulengänge richtig luftig. So war ich gespannt auf den Innenraum.
Der Innenraum stellte sich als große Halle dar, die prächtig ausgeschmückt war. Oben an den Wänden waren die Bildnisse aller Päpste mit Angabe der jeweiligen Zeit auf dem Stuhl Petri. Mittelpunkt
des großen Gotteshauses ist das Grab von Paulus. Man kann einen Teil des Sarkophages sehen. Des Weiteren wird eine Kette ausgestellt, mit der er angeblich gefesselt worden war.
Leider wurden immer wieder Besuchergruppen durchgeführt, weshalb es unmöglich war, Bilder ohne "störende" Menschen zu machen.
Mittlerweile war es später Nachmittag geworden. So brach ich für heute die Besichtigungstour ab und fuhr mit der Metro zurück zur Unterkunft. Auf dem Weg begegneten mir immer wieder Ansammlungen
von sehr ungepflegt wirkenden Müllcontainern. Hier in Rom ist die Müllabfuhr anscheinend so organisiert, dass mehrere Großbehälter für mehrere Wohnblocks aufgestellt werden. Alle Bewohner
schmeißen ihren Müll (wahrscheinlich ungetrennt) hinein. Reicht der Platz nicht aus, wird der Müll einfach nebendran gestellt. So sieht es immer ziemlich ungepflegt aus, vor allem, wenn dann
die Vögel die Mülltüten aufpicken und den Müll verteilen.
Nach einer Ruhepause im Zimmer ging ich zum Abendessen in dasselbe nahe gelegene Restaurant wie gestern auch. Es war wieder sehr lecker. Auch preislich hält es sich für römische Verhältnisse im
Rahmen. Und damit endete ein kulturhistorisch interessanter, aber auch erfolgreicher Tag. Morgiger Höhepunkt wird die Besichtigung der Ausgrabungsstätte des Grabes meines Namensvetters. Ich bin
schon gespannt.
Dienstag, 27. Juni 2023
Roma (Italien)
0 km
Der Tag begann heute mit einer Führung durch die Nekropole unter dem Petersdom. Ich hatte mir rechtzeitig eine Karte besorgt und war gespannt, was mich erwarten würde.
Nachdem die Eingangskontrolle durch die Schweizer Garde erfolgt war, wurden wir durch unsere Führerin unter den Petersdom geführt. Sie erklärte ausführlich, wie die Nekropole entstanden ist und warum vieles dafür spricht, dass sich das Grab des heiligen Petrus hier befindet. Leider war es nicht erlaubt, Fotos zu machen. Aber im Internet konnte ich Bilder der Nekropole finden.
Von der eigentlichen Grabstelle sieht man nicht sehr viel. Lediglich ein rotes Licht zeigt die Stelle, an der sich das Grab befunden hat. Auch konnten wir eine Plexiglasschachtel in einer Mauer
betrachten. In dieser sind nach wissenschaftlichen Untersuchungen Knochen eines circa 61-jährigen Mannes aus dem ersten Jahrhundert enthalten. Weitere Knochen-Fragmente befinden sich jeweils im
Privatbesitz des amtierenden Papstes.
Die Führung endete bei den Sarkophagen der Päpste.
Als ich wieder im Tageslicht stand und den Petersplatz überblicken konnte, erschrak ich. Waren gestern schon sehr viele Besucher da, so wand sich heute die Warteschlange einmal um den ganzen
Platz herum. In Anbetracht dessen verzichtete ich auf einen erneuten Besuch des Petersdoms. Ich wollte mich nicht inmitten der ganzen Menschenmassen durch den Petersdom durchquetschen. Da ich
aber aufgrund der Eintrittskarte für die Nekropole für die Kuppel einen Rabatt bekomme, nahm ich diesen in Anspruch. Eigentlich war die Aufzugsfahrt mit eingeschlossen. Dafür hätte ich allerdings
lange warten müssen. So stieg ich eben die Stufen nach oben.
Als ich die Kuppel erreicht hatte, hatte ich einen tollen Blick von oben in die Kirche.
Nachdem ich mir alles in Ruhe angesehen hatte, stieg ich bis zur Aussichtsplattform auf der Kuppel hoch. Allein der Blick auf den Petersplatz hat die Mühe gelohnt.
Wieder unten angekommen, stärkte ich mich zunächst mit einem leckeren Mittagessen, bevor ich mit dem Bus eine Fahrt zur Kirche Sankt Sebastian vor den Mauern unternahm.
Als ich dort ankam, hatte ich Glück, denn die Kirche war geöffnet. Pech hatte ich allerdings dahingehend, dass ein Reinigungstrupp gerade sehr lautstark die ganze Kirche aussaugte. An Besinnung
war so nicht zu denken. Also machte ich ein paar Erinnerungsbilder und fuhr nach Rom zurück.
Wieder in Rom angekommen, besichtigte ich die zweitletzte noch fehlende der sieben Kirchen, nämlich die Basilika des heiligen Kreuzes in Jerusalem. Schon von außen machte sie einen sehr einladenden Eindruck.
Innen war das beherrschende Element die leuchtend blaue Apsis über dem Altar. Farbenfroh präsentierte sich das ganze Gewölbe.
Berühmt ist die Kirche für diverse Kreuzigungsinsignien, die hier seit Jahrhunderten verehrt werden. Ob diese wirklich alle original sind, wird keiner mit Bestimmtheit sagen können. Ein Spötter hat einmal geschrieben, dass das Kreuz von Jesus ein Riesenkreuz gewesen sein muss, wenn man alle Kreuzessplitter, die weltweit verehrt werden, zusammensetzen würde. Aber ich denke, darum geht es gar nicht. Genauso wie heute Morgen das Grab von Petrus bieten solche Reliquien den Gläubigen Anhalts- und Anknüpfungspunkte, um ihren Glauben leben zu können. Beeindruckend war auf jeden Fall die Darstellung, und es war schön zu sehen, mit welcher Inbrunst gläubige Menschen davor beteten.
Da es schon wieder später Nachmittag geworden war, verschob ich die Besichtigung der siebten noch fehlenden Kirche auf morgen. Eine Straßenbahn, die dem vergangenen Jahrhundert entsprungen zu
sein schien, brachte mich zum Bahnhof Termini. Von dort fuhr ich mit dem Bus bis zur Unterkunft und ruhte mich bis zum Abendessen aus.
Ich ließ mich heute wieder in demselben Restaurant wie die letzten beiden Abende bekochen. Es war, wie auch die Abende davor, sehr lecker.
Anschließend ging es früh ins Bett, denn morgen muss ich früh aufstehen. Der Papst wartet!
Mittwoch, 28. Juni 2023
Roma (Italien)
0 km
Um 5:30 Uhr war die Nacht vorbei. Ich wollte mich möglichst frühzeitig für die zu erwartende Schlange der Generalaudienz anstellen.
Als ich um 6:30 Uhr von der Metrostation Octaviano her kommend am Petersplatz ankam, hatte sich bereits eine Menschentraube von 100 m gebildet. Viele der Wartenden hatten sich wie zu einer Hochzeit herausgeputzt.
Um 7:30 Uhr begann der Einlass. Die Paare, die wie Hochzeitspaare aussahen, durften oben neben dem Podest des Papstes Platz nehmen. Ich war schnell und ergatterte einen Platz in der ersten Reihe.
Ab 08:30 Uhr wurden in verschiedenen Sprachen die einzelnen Pilgergruppen begrüßt.
Um 8:45 Uhr fuhr der Papst in seinem Papamobil durch die Reihen.
Nachdem der Papst auf seinem Stuhl Platz genommen hatte, wurde ein Bibeltext aus dem Evangelium nach Markus in verschiedenen Sprachen vorgelesen. Die Predigt des Papstes wurde anschließend ebenso
in mehrere Sprachen übersetzt.
Die Generalaudienz endete mit einem gemeinsamen lateinischen Vaterunser um 9:45 Uhr.
Für mich war es schon etwas Besonderes, den Papst aus so einer Nähe erlebt zu haben.
Da ich heute noch nichts gegessen hatte, stärkte ich mich anschließend mit einem vorgezogenen Mittagessen.
Nach der Pilgermesse im Petersdom, welche heute um 12:00 Uhr stattfand, fuhr ich mit der altersschwachen Straßenbahn zur letzten der sieben Kirchen, die mir noch fehlt. Die Basilika Sankt
Laurentius vor den Mauern lag früher wirklich außerhalb von Rom. Heute ist das nicht mehr so.
Da das Gotteshaus erst ab 16:00 Uhr geöffnet ist, ruhte ich mich in einer Bar bei einem kühlen Getränk aus. Mittlerweile wurde es immer schwüler. Für morgen Nachmittag beziehungsweise
Freitag, wenn ich Rom verlasse, sind Gewitter vorhergesagt.
Als es 16:00 Uhr war, ging ich dann zur Kirche. Von außen macht sie keinen besonderen Eindruck. So hoffte ich, dass sie innen mehr hergibt und mein Weg nicht umsonst war.
Zunächst sah es wirklich nach einer Enttäuschung aus, denn die Lichter waren ausgeschaltet. Dann aber schaltete der Kirchenmitarbeiter die Beleuchtung an. Damit kamen die wunderschönen Mosaike voll zur Geltung. Da die Kirche aus ursprünglich zwei Kirchen zusammengesetzt ist, ist sie sehr lang gestreckt.
Der schönste Teil der Kirche lag allerdings im Untergeschoss hinter dem Altar. Hier waren die Wände voll mit wunderschönen Mosaiken. Zudem wurden die sterblichen Überreste von Papst Pius IX in einer Glasvitrine ausgestellt. Ich ließ mir Zeit, die Mosaike in aller Ruhe zu betrachten und zu bestaunen.
Anschließend ging ich zur Unterkunft zurück. Leider hat heute das Restaurant, in dem ich die vergangenen Abende sehr gut gegessen hatte, Ruhetag. Da mir die anderen Restaurants in der Nähe nicht
so gefallen haben, holte ich mir zwei Pizzen und eine Flasche Bier. Morgen hat das Restaurant ja wieder offen!
Und so endete ein Tag, an den ich noch lange zurückdenken werden.
Samstag, 29. Juni 2023
Roma (Italien)
0 km
Für die heutige Messe zu Ehren von Sankt Peter und Sankt Paul hatte ich mir eine Eintrittskarte besorgt.
Ich stand wieder früh auf, um mir einen guten Platz zu sichern. Da dieser Tag heute in Rom Feiertag ist, waren sowohl der Bus als auch die Metro nicht sehr voll.
Als ich am Vatikan angekommen war, hatte sich schon wieder eine Schlange von über 100 m gebildet. Aufgrund meines Pilgerpasses konnte ich mich allerdings in die Schlange bei den Geistlichen
einreihen und kam so schneller vorwärts. Um 8:00 Uhr war ich im Petersdom und hatte einen Platz direkt am Durchgang.
Bis 09:00 Uhr sang der Kirchenchor Choräle und Lieder. Für den Gottesdienst selbst lag auf jedem Stuhl ein gedrucktes Exemplar des Ablaufes. Bis zum Beginn des Gottesdienstes bestaunte ich die
verschiedenen Ordenstrachten. Aus aller Welt waren katholische Priester, Geistliche, Nonnen und Mönche nach Rom gekommen.
Kurz vor 9 Uhr zog schließlich eine schier nicht enden wollende Schlange von Geistlichen in den Petersdom ein.
Um 9:00 Uhr wurde dann gemeinsam ein Rosenkranz gebetet. Dank dem Liturgieheft, was jeder hatte, konnten alle aktiv an der Messe teilhaben, auch wenn diese in italienischer Sprache
erfolgte.
Die Kommunionsausgabe war sehr gut organisiert. Immerhin galt es, mehrere 1000 Menschen zu versorgen.
Kurz vor 11:00 Uhr war die Messe zu Ende. Da ich direkt am Durchgang saß, konnte ich den Papst noch einmal fast auf Tuchfühlung sehen.
Und damit endete eine sehr beeindruckende Messe - an meinem Namenstag im Petersdom. Gerne bin ich dafür sehr früh aufgestanden und habe auf mein Frühstück verzichtet.
Nach dem Mittagessen bin ich auf Anraten meines Diakons zum Teppiento del Brabante gegangen. An dieser Stelle soll angeblich Petrus gekreuzigt worden sein. Spötter können jetzt einwenden, dass es
nicht mal sicher ist, ob Petrus überhaupt in Rom war. Aber wie schon gesagt, für mich zählen nicht unbedingt Fakten, denn wir reden hier vom Glauben.
Den Tempel erreicht man über die spanische Botschaft. Dort wird man auf Nachfragen ohne Probleme zu dem Tempel vorgelassen.
Auf meinem Rückweg in die Stadt hörte ich plötzlich Bluesklänge. Als ich der Musik nachging, sah ich einen Römer, der im Park ein kleines Konzert gab. Zu Beginn war ich der einzige Zuhörer. So
nutzte ich die Gelegenheit und unterhielt mich mit ihm über Musik. Dieses spontane Konzert erinnerte mich sofort an meine Reise nach New Orleans. Auch dort wird an jeder Ecke tolle Musik
gemacht.
Nun hatte ich genug von Rom gesehen und hatte auch keine Lust mehr, mir andere Sehenswürdigkeiten anzuschauen. So fuhr ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurück zur Unterkunft. Am
Bahnhof Termini unterbrach ich die Rückreise und ließ bei einem Glas Campari Spritz die letzten vier Tage Revue passieren.
Zurück in der Unterkunft, fing ich an, zu packen. Anschließend ging ich wieder in „mein“ Restaurant zum Essen. Es war wie immer sehr lecker.
Und damit endete der Aufenthalt in Rom. Es war sehr schön hier. Ich habe viel erlebt und gesehen. Schade war nur, dass ich oftmals wegen der vielen Touristen nicht richtig zur Ruhe kommen konnte.
Morgen geht es wieder Richtung Bonn.