Freitag, 16. August 2019
Es dauerte aber noch bis
Wir Drei fielen sofort in einen tiefen Schlaf. Keiner von uns bekam mit, dass das Schiff ablegte. Vielleicht lag es am leichten Zittern des Schiffes oder an der gleichmäßigen Geräuschkulisse - wir wachten jedenfalls erst um 8:30 Uhr auf !
Das Wetter war grau in grau.
Nach einer ganz kurzen Runde auf dem Oberdeck gingen wir frühstücken. Ein mehr als reichliches Buffet erwartete uns. Zur Begrüßung gab es Sekt - der Tag begann ja schon vielversprechend ! Bei dem Überangebot dauerte es eine Weile, bis wir uns entschieden hatten. Natürlich aßen wir das Blaubeer-Erdbeerkompott, denn wir sind ja auf einer skandinavischen Fähre.
Sehr gut gesättigt, überbrückten wir die Zeit bis zur Mittagsessenszeit mit Lesen und Dösen.
Um 12:30 Uhr gingen wir zum Schiffsrestaurant, denn Mittagessen gibt es bis 13 Uhr. Aber was ist das ? Da steht „Restaurant geschlossen“ ! Ein Blick auf die Schiffsuhr löste das Rätsel: An Bord unserer Fähre gilt die Helsinki-Zeit - und hier ist es nicht 12:30 Uhr, sondern 13:30 Uhr. So mussten wir unverrichteter Dinge wieder abziehen. Die Greyhoundin bereitete anschließend die weitere Tour vor und der Greyhound ging in die Sauna. Dort herrschte finnische Saunakultur: ausgelassene Gespräche, reichlich Bier und Wasseraufgüsse alle paar Minuten. Anschließend ruhten wir uns aus, genossen die Seeluft und warteten auf das Abendessen.
Ein reichhaltiges Buffet erwartete uns. Selbst die Getränke waren inklusive.
Nach über einer Stunde und mehrere Brownies später gingen wir sehr gesättigt in unsere Kabine. Heute kamen wir glücklicherweise früher ins Bett. Damit ging ein entspannter Tag zu Ende.
18. August 2019
(Helsinki - Tallinn 29 km Helsinki Fahrrad, 4 km Tallinn Fahrrad)
Die Nacht war erholsam und ruhig gewesen. Vom Schiff haben wir kaum etwas mitbekommen. Am Morgen weckten uns Sonnenstrahlen. Soll es nach dem gestrigen bewölkten Tag etwa ein sonniger Tag werden ?
Nach dem reichhaltigen Frühstück packten wir und gingen auf das Oberdeck, um die Einfahrt in den Hafen von Helsinki zu beobachten. Stutzig machte uns das viele Grün um den Hafen herum. Ist Helsinki so grün oder ist hier vielleicht garnicht Helsinki ?
Nachdem das Schiff fest vertäut im Hafen Vuosaari lag und wir die Fähre verlassen hatten, zogen wir unser Navigationsgerät zu Rate. Dies zeigte uns an, dass das Zentrum von Helsinki etwa 20 km entfernt war. Zum Glück hatten wir die Anschlußfähre nach Tallinn erst am Nachmittag gebucht, denn sonst wäre jetzt guter Rat teuer gewesen.
Der Weg in die Stadt war gut ausgeschildert und führte meistens am Wasser entlang. Was waren wir froh, mit kurzen Sachen unterwegs zu sein - die Sonne wärmte ganz gut ! Erst kurz vor Helsinki zog sich der Himmel über der Stadt (nicht Richtung Tallinn) zu und der kalte Wind ließ uns unsere Jacken anziehen.
Den ersten Stopp legten wir bei der Uspenski Kathedrale ein, eine der größten orthodoxen Kirchen in Westeuropa.
Da gerade Gottesdienst gefeiert wurde, konnten wir sie nur von außen und den Innenraum durch ein Glasfenster besichtigen. Anschließend stärkten wir uns mit frischen Blaubeeren auf dem Markt direkt am Wasser.
Danach schoben wir unsere Räder durch die Altstadt hin zur Helsinki Kathedrale am Senatorenplatz. Diese Kathedrale hatte uns schon von weitem den Weg in die Stadt gewiesen.
Die Inneneinrichtung war für unseren Geschmack spartanisch und überhaupt nicht mit unseren alten Kirchen vergleichbar.
Nach so viel Kultur brauchten wir eine kulinarische Stärkung. Da traf es sich gut, dass wir am Restaurant „Löyly“ vorbeikamen. Windgeschützt genossen wir unser Essen und hatten einen schönen Blick auf die Ostsee.
Da auf unseren letzten Kilometern durch Helsinki die Strasse durch eine Baustelle blockiert war, zeigte uns ein netter Finne den Weg. So kamen wir problemlos zum Fährterminal.
Wir waren frühzeitig da und unterhielten uns bis zur Abfahrt mit anderen Radreisenden. Der Wind war mittlerweile kalt und stark, weshalb wir uns bevorzugt in der Sonne aufhielten.
Pünktlich um 16:20 Uhr legte unsere Fähre ab.
Die zweistündige Fährfahrt verging sehr schnell, da wir Internet hatten und so das Tagebuch pflegen sowie die neuesten Nachrichten lesen konnten.
Unser gebuchtes Hotel „Taanilinna“ fanden wir sehr schnell. Das Gebäude ist alt, aber sehr stilvoll hergerichtet. Nachdem wir unser Zimmer bezogen und uns umgezogen hatten, gingen wir zum Marktplatz. Die Altstadt von Tallinn ist wunderhübsch hergerichtet. Zum stimmigen Bild passen die Kellner und Kellnerinnen, die in mittelalterlicher Tracht servieren. Unseren ersten Stopp legten wir im Restaurant „III. Draakon“ ein. Auch hier war die Kellnerin traditionell gekleidet. Das Bier gab es aus Tonkrügen. Dazu konnten wir kleine Leckereien wie getrocknetes Elchfleisch oder kleine Pasteten essen. Lecker, lecker und nicht teuer. Da wir aber noch nicht satt waren, gingen wir nach einem Rundgang durch die schöne Altstadt in das Restaurant „Gala Maja“ am Marktplatz und stärkten uns nochmals. Der Greyhound trank dazu Honigbier, was intensiv nach Honig duftete und ähnlich einem Weizen schmeckte. Ein Espresso rundete die Völlerei ab und durch die stimmungsvoll beleuchtete Altstadt gingen wir in unser Hotel.
Montag, 19. August 2019
Nach dem Aufstehen zeigte sich der Himmel bedeckt. Aber wir dachten positiv und gingen zunächst frühstücken. Natürlich war die Auswahl nicht so groß wie auf der Fähre, aber uns reichte es.
Unser erster Weg führte uns anschließend zur Touristinformation. Dort startete gerade eine kostenlose Führung auf Englisch. Die junge Estin sprach ein hervorragendes Englisch und verstand es sehr gut, uns die Geschichte der Stadt unterhaltsam zu präsentieren. An manchen Stellen der Stadt waren so viele Touristen unterwegs, dass dort eigentlich wegen Überfüllung hätte geschlossen sein müssen. Wir trösteten uns damit, dass viele von diesen Touristen von den im Hafen liegenden Kreuzfahrtschiffen stammen und heute Nachmittag verschwunden sind. Nach fast zwei Stunden war der Rundgang durch die wunderhübsche Altstadt beendet. Es hatte uns viel Spaß gemacht, diesen Einblick bekommen zu haben.
Da das Wetter bislang ohne Regen ausgekommen war und sich laut Vorhersage noch weiter bessern sollte, erkundeten wir die Stadt anschließend nochmals auf eigene Faust. Zuvor aber stärkten wir uns im Café „Majasmock“, welches das älteste Café der Stadt ist. Zum Glück bekamen wir einen Platz auf der Terrasse, denn die Innenräume waren ganz schön aufgeheizt.
Nach dieser Stärkung besichtigten wir zunächst die Heiliggeistkirche. Anschließend gingen wir hoch auf den Domberg, zur orthodoxen Kirche.
Dort kamen wir zwar kostenlos rein, durften aber keine Fotos machen. Ein Ordner wies uns darauf hin, aber unwissenderweise hatten wir schon eines gemacht.
Auf unserem weiteren Weg kamen wir zum Platz der Türme, den wir heute morgen noch nicht besichtigt hatten.
Die ehemaligen Wachtürme waren in einem guten Zustand und wir konnten ausgiebig fotografieren.
Für den Weg zurück zum Marktplatz wählten wir die berühmte Pikk-Strasse, wo wir unsere nachlassenden „Besichtigungsgeister“ in einem Marzipanladen mit Espresso dopten. So konnten wir mit frischen Kräften das Haus der Schwarzhäupterbruderschaft (von außen) besichtigen.
Wieder auf dem Marktplatz, kam gerade die Sonne durch und beschien die Häuser. Und schon wieder klickten die Auslöser !
Nachdem wir nochmals auf den Hügel der Stadt gegangen waren, um nach sonnigen Motiven zu schauen, führte uns anschließend unser Weg zurück zum Hotel, wo wir unsere jetzt doch leicht müden Füsse ausruhten.
Zum Abendessen gingen wir in das Restaurant „Peppersack“, wo uns leckerer Elch und Lachs erwartete. Das Essen wurde nur durch einen Schwertkampf unterbrochen, den zwei Männer um eine Frau führten.
Am Ende versöhnten sie sich aber und wir konnten unser Essen zu Ende genießen. Anschließend war nach diesem schönen Tag das Bett angesagt. Geschlafen haben wir aber erst nach dem TATORT vom Sonntag, den wir über die Mediathek angeschaut haben.
Dienstag, 20. August 2019
(Tallinn - Pudisoo 87 km Fahrrad)
Nach Frühstück und Packen wurde es ernst: Unsere Radtour durch Estland und Lettland sollte beginnen. Daheim hatten wir schon die Route ausgearbeitet und als gpx-Track auf das iPhone geladen. Was wir allerdings nicht wußten, war, dass unser Weg aus Tallinn gerade Baustelle war. So mussten wir häufiger anhalten und nach einer Umfahrungsmöglichkeit suchen. Aber irgendwann waren wir aus Tallinn draussen und rollten auf schönen Radwegen durch überwiegend bewaldete Gegend. Ein Teil des Waldes wurde als Friedhof genutzt. Überall sahen wir zwischen den Bäumen Grabstellen.
Zu unserer Freude hatten wir fast nur Rückenwind und Sonne. Die heutige Tour versprach ein Leckerbissen zu werden.
Doch plötzlich endete der tolle Weg an Gleisen. Wir mussten die Räder über die Schienen heben, um weiter zu kommen.
Das nächste „Problem“ war, dass uns die Strecke auf einen Autobahnzubringer führte. Sollen wir auf der Autobahn fahren ? Zum Glück war dem nicht so und wir wurden auf eine Nebenstrasse geleitet. Hierließ es sich wieder angenehm fahren.
Nachdem wir genügend gesehen hatten, stärkten wir uns bei einem kleinen Laden mit Eis und Cola. Hier - wie auch an vielen anderen Gebäuden - wehte heute zu Ehren des heutigen Unabhängigkeitstages die estnische Flagge.
Überhaupt scheint das Baltikum noch einer der unerforschten Ecken des Radtourismus zu sein, denn wo findet man heutzutage noch so wenige aktive Touristen ?
So gaben wir unsere Suche auf und fuhren weiter zu unserem heutigen Ziel. Dem heiligen Laurentius dankten wir im Nachhinein für den Abstecher nach Kuusalu, denn dieser Umweg hatte verhindert, dass wir nass wurden. Es hatte nämlich währenddessen aus der einzigen Regenwolke am Himmel geregnet - und das hätten wir ohne Umweg voll abbekommen. So aber hatten wir nur eine nasse Strasse.
Kurze Zeit später erreichten wir Pudisoo und unsere gebuchte Unterkunft „Annenhof“. Sie liegt im 1971 zum Nationalpark erklärten Gebiet von Lahemaa. Ein hübsches Holzhaus empfing uns. Unsere Räder konnten wir im Schuppen unterbringen, in dem ein sehr alter unrestaurierter EMW 340 Oldtimer verstaubte. Dieses „Schätzchen“ muss aus der Zeit vor 1951 stammen, denn danach durften die Eisenacher Werke keine weiß-blauen Embleme mehr benutzen. Genaueres dazu wusste die Besitzerin auch nicht. Ein Oldtimerfan wäre wahrscheinlich aus dem Häuschen gewesen.
Nach einem kurzen Stop fuhren wir weiter. Die Strecke war relativ eintönig, da rechts und links nur Bäume zu sehen waren. Auch war die Straße oftmals einfach schnurgerade, so dass wir kaum merkten, dass wir vorwärts kommen.
Nach einem weiteren unspektakulären Streckenverlauf erreichten wir den angeblich schönsten Strand der Region in Vösu.
Nach so viel Kultur ruhten wir uns kurz im Zimmer aus und gingen anschließend essen. Bevorzugt probierten wir hierbei die baltischen Spezialitäten wie gebratenen Hering, Kama Mousse, Fleischküchle mit roter Beete und Mulgipuder.
Von hier aus machten wir einen kleinen Abstecher zum kleinen Ort Altja. Dort sind am Strand der Ostsee Relikte aus der Eiszeit in Form von großen Felsen zurückgeblieben. Die letzten Meter bis zum Strand waren zwar etwas abenteuerlich, aber dank unserer Räder für uns kein Problem. Der Sage nach kommen die Einwohner des Dorfes unter diesen Steinen zur Welt. Wir wollen uns nicht vorstellen, ob an dieser Sage etwas dran ist.
Wieder zurück auf der Hauptroute, dauerte es nicht lange und wir kamen zum nächsten Herrenhaus bei Vihula. Auch dieses wird mittlerweile als Hotel genutzt. Passend zum Ambiente parkte ein Oldtimer vor der Tür.
Nach einigen Kilometern durch den Wald auf einer wenig befahrenen Straße erreichten wir den Ort Haljala. Hier besichtigten wir die Chorhalle der Kirche, welche aus den Anfängen des 15. Jahrhunderts stammt. Man geht davon aus, dass für den Kirchturm die Marienkirche in Lübeck als Vorbild genommen wurde. Für uns interessant war eine Christusstatue, welche anscheinend aus der St. Paulus-Kirche in Goslar-Oker stammt.
Bevor wir zu unserer heutigen Unterkunft weiterfuhren, besichtigten wir noch die Plastik eines Auerochsen. Die Skulptur wurde im Jahr 2002 zum 700. Jubiläum der Stadt Rakvere enthüllt. Der Auerochse ist 7 m lang, 4 m hoch und wiegt 7 Tonnen.
Anschließend bezogen wir unser Zimmer im Art Hotel. Dieses liegt sehr zentral. Unsere Fahrräder fanden ihren Platz auf dem Hof.
Das Abendessen nahmen wir im Restaurant gegenüber ein. Es war eine richtige Völlerei, aber unsere Körper verlangten anscheinend danach.
Und so endete ein schöner Tag.
Freitag, 23. August 2019
(Rakvere - Kohtla-Järve 87 km Fahrrad)
Eigentlich war für heute bedeckter Himmel vorhergesagt. Tatsächlich aber lachte die Sonne vom Himmel, als wir aufstanden. Unser Frühstück nahmen wir etwas früher ein, da wir heute eine weitere Strecke als gestern zu fahren haben.
Aufgrund des Rückenwindes kamen wir auf der abwechslungsreichen Strecke sehr schnell vorwärts.
Stellenweise fuhren wir mit 26 km/h, ohne dass es bergab ging.
Den ersten Stopp legten wir in Viru-Nigula ein. Leider war die dortige Kirche geschlossen. Aber auch von außen war sie sehenswert.
Des Weiteren war der Friedhof mit den Gräbern aus dem 19. Jahrhundert und überwiegend deutschen Namen sehr interessant. Nachdem wir uns dort ausgiebig aufgehalten hatten, fuhren wir - unterstützt vom Rückenwind - weiter nach Kalvi. Leider war das dortige Herrenhaus für Besucher gesperrt. So mussten wir uns mit einem Foto durch den Zaun begnügen.
Der weitere Weg führte uns an einer sehr befahrenen Straße entlang. Wir waren froh, als wir diese endlich verlassen konnten. Schon bald kamen wir an das kleine Schloss Purtse. Leider (für uns) wird dieses nur auf Vorbestellung und nur für Gruppen geöffnet.
Hinter Purtse fuhren wir für 7 km auf einem geschotterten Weg und waren froh um unsere Räder. Danach war es nicht mehr weit bis zur Stadt Kohtla-Järve. Die Stadt lebt vom Bergbau, was wir bereits aus der Entfernung an den Abraumhalden erkennen konnten. Auch die Wohnblocks waren nicht sehr ansehnlich.
Nachdem wir in einem Supermarkt unsere Vorräte aufgefüllt hatten, fuhren wir weiter zu unserem gebuchten Hotel Alex. Es ist ein einfaches Hotel und nicht mit der Unterkunft zu vergleichen, die wir in Palmse hatten. Aber wir wollen nur eine Nacht bleiben. Die sehr nette Dame an der Rezeption konnte kein englisch, aber dank Google Translator war die Verständigung kein Problem.
Nach dem Duschen gingen wir ein bisschen durch die Stadt. In vergangenen Zeiten mag hier wirklich viel los gewesen sein. Heute aber scheint die Stadt doch verarmt zu sein.
Auf den Tipp unsere Rezeptionistin hin gingen wir in das Restaurant „Ruut“. Eine Speisekarte gibt es nicht, sondern der Wirt hat anscheinend für jeden Tag ein spezielles Gericht. Heute war es
Schaschlik mit Beilagen.
Bei Kauksi erreichten wir den Peipussee. Er ist vier Mal so groß wie der Bodensee - aber aufgrund des Waldes sahen wir ihn nicht. Erst, nachdem wir uns im starken Gegenwind ein paar Kilometer Richtung Süden vorgearbeitet hatten, sahen wir zum ersten Mal das Wasser. Das gegenüberliegende Ufer, welches zu Russland gehört, konnten wir nicht erkennen. Der Wasserstand schien uns auch niedriger als üblich zu sein, denn das Wasser im Uferbereich war schlammig und lud nicht zum Baden ein.
Einige Kilometer später erreichten wir Mustvee. Am Ortseingang begrüßte uns die orthodoxe Kirche, die aber innen sehr schmucklos zu sein scheint, denn auf der Infotafel konnten wir lesen, dass die Ikonen und sonstigen kirchlichen Gegenstände sich noch in Russland befinden, wohin sie in den 1970er Jahren verbracht worden waren.
Ein paar Meter weiter standen wir vor unserer Unterkunft für die Nacht, dem Hotel Ankur. Unsere Räder bekamen ihren eigenen Raum zugewiesen (wir natürlich auch). Nach dem Duschen holten wir uns im nebenan liegenden Supermarkt Getränke und Backwaren und warteten auf das Abendessen.
Wieder im Hotel, war Lesen und Schlafen angesagt.
Sonntag, 25. August 2019
(Mustvee - Nina 41 km Fahrrad)
Strahlend blauer Himmel, wenig Wind (von vorn) und eine kurze Strecke zum Fahren - was wollen wir mehr nach der gestrigen Etappe ?
Nach dem Frühstück führte uns unser Weg auf einer ruhigen Nebenstrecke entlang des Peipussees durch die kleinen Dörfer der russischen Altgläubigen. Deren Vorfahren hatten sich im 17. Jahrhundert hier angesiedelt, um ihren Glauben ungestört ausüben zu können. Ihre Holzhäuser hatten sie bunt angestrichen, wovon heute leider nicht mehr sehr viel zu sehen ist. In Raja wollten wir eigentlich die Kirche dieser Altgläubigen besichtigen. 1944 war diese allerdings in Flammen aufgegangen und nur das Eingangsportal mit dem Glockenturm blieb stehen. So fuhren wir nach einem kurzen Stopp weiter und kamen bald in Tiheda an eine schöne Stelle am See.
Bald darauf verließen wir diese hübsche Gegend und fuhren auf einer mäßig befahrenen Straße nach Kallaste zu den einzigen Steilklippen am estnischen Teil des Peipussees. Dort machten wir einen ausgiebigen Spaziergang am Strand (wir können ja nicht immer nur radeln).
Anschließend stärkten wir uns am Straßenrand mit geräuchertem Fisch. War das lecker - auch wenn der Greyhound besser nicht über die Fettwerte nachdenkt.
Gut gestärkt, fielen uns die nächsten Kilometer nach Alatskivi nicht schwer. Dort besichtigten wir das Schloß, welches aber von außen fast schöner ist als von innen.
Die Ausstattung der Räume im Palmse Manor hatte uns mehr angesprochen.
Die weitere Strecke nach Tartu verlief zunächst an einer nicht stark befahrenen Straße. Der Gegenwind bremste unser Fortkommen aber schon stark. So war es kein Wunder, dass wir bei Erreichen der uns schon bekannten Bundesstraße 3 erst einmal eine längere Pause einlegten, obwohl es bis Tartu nur noch 10 Kilometer waren.
Nach einer erfrischenden Dusche erkundeten wir die Stadt. Zuvor allerdings stärkten wir uns in einer kubanischen Bar mit alkoholfreiem Mojito.
Danach schlenderten wir gestärkt durch die Stadt und erkundeten die von vielen Künstlern verschönten Straßen.
Ich hatte schon erwähnt, dass Tartu keine flache Stadt ist. Unser Weg durch die Straßen und zur Grünfläche um den Domberg hinauf hatte uns ganz schön geschafft, weshalb wir uns erst einmal im Hotelzimmer ausruhten.
Die Temperatur ist im Vergleich zu den Temperaturen vor einer Woche richtig angenehm, weshalb wir im T-Shirt zum Abendessen gingen. Unser Ziel war der Rathausplatz, wo wir heute Mittag ein nettes Restaurant gesehen hatten. Entweder hatte der Kellner dort seinen schlechten Tag oder ihm war eine Laus über die Leber gelaufen; der Service war im Gegensatz zum Essen nicht besonders.
Nach dem Essen warteten wir noch ein paar Minuten, denn um 21 Uhr sollte ein Glockenspiel von der Turmuhr des Rathauses ertönen. Und pünktlich ertönte dann auch die 9. Symphonie („Freude schöner Götterfunken“) von Beethoven. So wurde zumindest ein musikalisches Band zwischen der Bundesstadt Bonn und Tartu geknüpft.
Damit endete dieser schöne Tag. Gerne kann es so weitergehen - gut, der Wind könnte künftig passender wehen.
Nach einem kurzen Stück auf „unserer“ Bundesstrasse A3 konnten wir auf eine ruhige Nebenstrecke wechseln. Derzeit wird hier ein parallel verlaufender Radweg gebaut, der aber noch nicht befahrbar war.
Aber groß war unsere Enttäuschung, als wir durch die Räume streifen wollten. Das Gebäude wird als Hotel und Hostel (!) genutzt - und so waren nur ganz wenige Räume offen. Zwar waren überall Tafeln angebracht, die über das Leben des „Roggen“-Barons von Berg informierten, aber wir haben immer noch das schöne Herrenhaus von Palmse vor Augen - und damit kann dieses Schloß nicht ansatzweise konkurrieren. Unsere Besichtigung war demzufolge schneller als erwartet beendet. Schade !
Wieder in unserer Unterkunft, bereiteten wir uns und unsere verschwitzten Körper auf das Abendessen vor.
Da die Gegend für ihren Roggenanbau berühmt ist, bestellten wir im hoteleigenen Restaurant bevorzugt Gerichte aus diesem Getreide: Roggenpfannkuchen mit Lachs, mit Roggenmehl panierte Schnitzel, Roggenbrot und Roggenbier. Und was sollen wir sagen: Es war alles sehr, sehr lecker ! Ach so, der Abschlussespresso war nicht aus Roggen :-)
Anschließend schauten wir noch ein bißchen in der Mediathek und schliefen dann ein letztes Mal in Estland ein.
Mittwoch, 28. August 2019
(Sangaste - Valmiera 81 km Fahrrad)
Wir haben gut geschlafen, auch wenn die Zimmer sehr hellhörig sind. Einen Wecker brauchten wir auch nicht, denn ähnlich wie bei uns daheim kam der Versorgungs-LKW für den kleinen Supermarkt und fing kurz vor 8 Uhr an, abzuladen.
Nachdem wir unsere letzten estnischen Pfandflaschen abgegeben hatten, fuhren wir in den sonnigen Tag. Der Wind war auch kaum zu spüren, weshalb wir uns auf eine schweißtreibende Tour einstellten.
Nach einem kurzen Fotostop bei Schloß Sangaste (die Sonne steht jetzt besser als gestern Abend) fuhren wir entspannt auf der wenig befahrenen Landstraße. Diese mündete auf die uns bereits bekannte A3, wo wir schon mit dem Schlimmsten rechneten. Aber welch eine schöne Überraschung: Es gab einen gut ausgebauten und räumlich getrennten Fahrradweg parallel zur A3 bis nach Valga. So konnten wir bis auf den Lärm der Autos unbehelligt nebeneinander her radeln. Schön !!
An der Ortseinfahrt von Valga wurden wir angefeuert - von Rudi, der gerade auf dem Weg nach Riga war und uns zufällig gesehen hatte. Rudi, es hat uns sehr gefreut, Dich (wieder) zu sehen und wenn Du nach Bonn kommst, melde Dich.
In Valga schauten wir uns noch ein bißchen auf dem Rathausplatz um, bevor wir in der zwischen Estland und Lettland geteilten Stadt nach 607 in Estland gefahrenen Kilometern über die Grenze nach Lettland fuhren.
Welche Intelligenzbestie auf den schlauen Gedanken gekommen war, die Stadt damals zu teilen, wissen wir nicht, aber sinnig war es bestimmt nicht. Heutzutage kommt man dank dem Schengener Abkommen problemlos von der einen auf die andere Seite, aber als die Grenze seinerzeit errichtet worden war, herrschte noch Visumpflicht - und das in einer Stadt, die bis dahin eine zusammengehörende Gemeinde war.
Beim nächstbesten Supermarkt hielten wir an und kauften Wasser. Auf die Flaschen wird in Lettland anscheinend kein Pfand erhoben, denn die leeren Plastikflaschen landen alle im Mülleimer.
Wieder mit ausreichend Flüssigkeiten versorgt, fuhren wir auf der lettischen A3 Richtung Valmiera. Eine Freude war dies nicht, denn es gab weder einen Radweg noch einen befestigten Randstreifen. So mussten wir ständig gut aufpassen, dass wir keine Probleme mit überholenden Fahrzeugen bekamen. Und das alles auf schattenloser Straße, die für das Auge keine Abwechslung bot.
Die Bäume rechts und links änderten ihr Aussehen nicht, Elche waren auch nicht zu sehen und Pausenmöglichkeiten gab es auf den 50 Kilometern nach Valmiera erstmalig kurz vor Strençi. Dort stoppten wir und stärkten uns. Danach spulten wir auf der schattenlosen Straße die restlichen Kilometer nach Valmiera ab. Was waren wir froh, nach diesen langweiligen, aber die Aufmerksamkeit fordernden 50 Kilometer dort unser Hotel „Naktsmajas“ erreicht zu haben !
Nachdem wir geduscht waren, ruhten wir uns deshalb erst einmal etwas aus.
Als wir wieder fit waren, standen wir vor der Frage „Ab zum nächsten Supermarkt und für ein Essen auf dem Zimmer einkaufen“ oder „Gehen wir 2,5 Kilometer in die Stadt zum Restaurant Vecpuisis“. Zum Glück für uns und unsere Mägen entschieden wir uns für die zweite Alternative. Trotz des weiten Weges war jeder Meter es wert, denn das Essen dort schmeckte hervorragend. Zudem stimmte das Ambiente. Das Restaurant ist ein flaches Holzgebäude in einem Park. Alles wirkt „old fashioned“, aber nichts sieht heruntergekommen aus.
Mit sehr gut gefüllten Bäuchen gingen wir zurück zum Hotel, lasen noch ein bißchen und schlossen anschließend die Äuglein.
Donnerstag, 29. August 2019
(Valmiera - Sigulda 75 km Fahrrad)
Ich bin es, die Maus ! Bislang habe ich mich mit dem Schreiben zurückgehalten, da ich für meine direkte Art, die Dinge anzusprechen, schon häufiger kritisiert worden war. Aber heute muss ich mich äußern, denn die Fahrradtour durch Lettland ist nicht das, was ich mir vorgestellt habe: Gestern 50 Kilometer auf der gut befahrenen Bundesstraße und heute fast nur Schotterstraße mit Waschbrett. Mir ist jetzt noch ganz schlecht ! Aber von Anfang an: Unser gemeinsames Frühstück war schon eine leichte Katastrophe für meine Ohren. Das lag nicht an den vielen Kindern, sondern an der Lautstärke der Musik. Aber wir hatten Hunger, es gab zudem „richtigen“ Saft (und nicht nur das übliche gefärbte Wasser) und so ertrugen wir den Lärm.
Die ersten Kilometer waren wie immer. Die Straße war wenig frequentiert, der Wind schwach und die Sonne schien - es hätte alles gut werden können. Aber dann änderte sich der Straßenbelag von Teer zu Schotter und Sand. Wir hatten stellenweise richtig Mühe, vorwärts zu kommen. Meine Greyhounds mussten die Lenker gut festhalten, um nicht umzukippen. Als wäre das noch nicht genug, hatte die Straße auch noch ein Waschbrettmuster von den vielen Autos bekommen. Unsere Räder sprangen wie junge Pferde auf und nieder und ich wurde in meinem Sitz hin und hergeschleudert. Dazu kam noch der Staub, den vorbeifahrende Autos aufwirbelten.
Ich hatte mir den Tag wirklich anders vorgestellt ! Kurz vor Cesis wurde die Strecke wieder besser und wir erreichten die Burg von Cesis. Um auf andere Gedanken zu kommen, bot ich mich als Führer durch die Ruine an.
Auf unserem Rundweg wurde ich sogar von zwei Mädchen erkannt, die meinen Freund, den Elefanten vermissten. Ich erklärte ihnen, dass er für eine Fahrradtour zu schwer ist, aber ansonsten auf unseren Touren oftmals dabei ist.
Nachdem ich die Greyhounds auch noch in den Turm geführt hatte, wo wir ein Video der etwas anderen Art über die Geschichte der Burg sehen konnten, gingen wir zurück zum Ausgang. Die Mittagszeit war zwar schon vorbei, aber vor der Weiterfahrt stärkten wir uns in einer kleinen Trattoria mit Nudeln und Cola.
Kurz hinter Cesis begann der Höllenritt wieder. Dazu kamen jetzt aber noch Gefällestrecken mit bis zu 9 % und Steigungen mit bis zu 7 %. Ey, mir stand die Tour wirklich bis obenan ! Am Anfang hoffte ich immer noch, dass es nach der nächsten Kurve besser würde, aber stattdessen wurde es immer schlimmer, bis wir sogar an eine Straßensperre kamen.
Zu allem Überfluss fing es auch noch an, leicht zu regnen. Was für ein Tag !
Grau zeigte sich der Himmel beim Aufwachen. Laut Wettervorhersage soll es aber im Laufe des Tages aufreißen - hoffen wir das Beste !
Nach Frühstück und Auschecken sattelten wir unsere braven Drahtesel und fuhren los. Am Ortsausgang von Sigulda stoppten wir bei einer künstlerischen Darstellung von Fahrrädern.
Nebenan war das Schloß von Sigulda. Leider war die Hälfte eingerüstet, weshalb wir uns nicht lange aufhielten. Nach einem kurzen Rundgang durch die Andenkenläden begann unsere heutige Tour. Dachten wir gestern Abend, dass wir das Schlimmste überstanden hätten, wurden wir heute eines Besseren belehrt: knackige Abfahrten mit 11 % Gefälle und ebensolche Anstiege, Schotterpisten mit Wellblechcharakter - alles schon dagewesen. Selbst der Nieselregen kurz vor Mittag konnte uns nicht schocken, auch wenn das für uns Brillenträger mehrfach nahezu Blindflug bedeutete. Aber dann waren wir aufgrund einer Sperrung des „Radweges“ mitten in der Pampa gezwungen, auf die neugebaute Bundesstraße A 2 auszuweichen. Dies bedeutete aufgrund der Sperrbaken in der Mitte der Fahrbahn sehr dicht überholende Fahrzeuge, jede Menge Verkehr und wir mittendrin. Eine schöne Sch..... war das ! Nach einem Kilometer sahen wir, dass auf der Gegenfahrbahn ein mehr oder weniger durchgehender Standstreifen war. Als der Verkehr es zuließ, wechselten wir schnell die Seite und fuhren auf dem Standstreifen entgegen der Fahrtrichtung. Immer, wenn er wegen einer Einmündung endete, wurde es für uns besonders spannend und wir mussten doppelt aufpassen, dass uns kein Fahrzeug direkt entgegenkam. Wir waren so angespannt, dass wir überhaupt nicht merkten, dass die Sonne mittlerweile zwischen den Wolken hervor lugte. Nach einigen (nicht enden wollenden) Kilometern konnten wir wieder die Fahrbahn überqueren und über eine holprige Strecke auf unseren eigentlichen Weg zurückkehren. Unser einhelliges Fazit über Lettland bisher: Ein schönes Land, aber kein Land für Fahrradfahrer - zumindest nicht für Angsthasen und „Schönwetterfahrer“. Dazu kommt noch die unzureichende Versorgungsmöglichkeit mit Getränken. Hätten wir nicht immer 2 Flaschen Wasser dabei, gäbe es für uns kaum etwas zu trinken, denn die Supermärkte oder wenigstens Tante-Emma-Läden sind mehr als rar gesät. Wir sind gespannt, wie es ab Riga auf dem Ostseeküsten-Radweg werden wird.
Irgendwann war auch die letzte Wellblechpiste überstanden und wir näherten uns unaufhaltsam Riga.
Etwa 20 Kilometer vor Riga kamen wir durch ein Villenviertel, wo eine Villa prächtiger als die nächste war. Natürlich gab es auch Seegrundstücke, ist doch klar. Kaum waren wir durch diesen Augenschmaus durch, landeten wir wieder auf der A 2. Zum Glück kam bald ein Radweg, der uns parallel zur Bundesstraße direkt nach Riga führte. Bis wir allerdings unser Hotel „Edvards“ in der Nähe der Altstadt erreichten, mussten wir fast 10 Kilometer parallel zu der vielbefahrenen Straße radeln. Besonders schnell kamen wir nicht vorwärts, da uns rote Ampeln immer wieder aufhielten. Aber dann bogen wir in den Hof des Hotels ein, stellten unsere Räder unter, duschten und waren sowas von happy, dass wir die heutige Strecke ohne Probleme bewältigt hatten.
Da es noch nicht allzu spät war, gingen wir Richtung Altstadt. Auf unserem Weg dorthin besichtigten wir die große orthodoxe Kirche, welche auch Geburtskathedrale genannt wird. Anschließend stärkten wir uns jeder mit einem großen Aperol Spritz, bevor wir weiter durch die Altstadt gingen. Besonders witzig fanden wir das Geschenk der Stadt Bremen an Riga: die Bremer Stadtmusikanten stehen hinter der St. Petrus-Kirche.
Neben dem Schwarzhäupterhaus fanden wir das lettische Restaurant „Salve“ sehr einladend und ließen uns dort bekochen. Es war sehr lecker - selbst der Espresso verdiente seinen Namen.
Und damit endete ein Tag, den wir nicht so schnell vergessen werden.
Samstag, 31. August 2018
(Riga)
Da unser Hotel in der zweiten Reihe liegt und keine Autos direkt daran vorbeifahren, hatten wir trotz geöffneter Fenster eine ruhige Nacht. Das Frühstück mit Kaffee aus einer Siebträgermaschine stärkte uns perfekt für den heutigen Tag.
Unsere Besichtigungstour starteten wir im nahegelegenen Jugendstilviertel, welches überwiegend aus einer Straße besteht. Diese war unschwer zu finden, denn ganze Scharen von Touristen wurden von ihren jeweiligen Reiseleitern durch diese Straße geführt. Wir schlenderten für uns durch diese hübsche Ecke von Riga und entdeckten viele kleine bauliche Besonderheiten.
Anschließend spazierten wir am Pilsetas Kanal entlang zu den Markthallen des Rigaer Zentralmarktes. Dort werden in den verschiedenen Hallen jeweils getrennt Obst und Gemüse, Fleisch, Fisch sowie Käse verkauft. Dazu werden vor den Hallen noch Kleidung, Blumen sowie auch noch Obst und Gemüse angeboten. Da wir noch satt vom Frühstück waren, tranken wir nach dem Rundgang nur einen Espresso. Wären wir mit dem Wohnmobil da gewesen, hätten wir unsere Vorräte gut auffüllen können; mit unseren Fahrrädern ist das schon schwieriger.
Mit aufgefüllten Zuckerspeichern gingen wir zum Rigaer Schloß. Dort erlebten wir das Ende der relativ unspektakulären Wachablösung mit. Ins Schloß selbst kamen wir nicht (obwohl unser Reiseführer so etwas schrieb), da dies heute Präsidentensitz ist. So steuerten wir mit kleinen Umwegen die St. Petri Kirche an und ließen uns mit dem Fahrstuhl auf den Kirchturm hinauf fahren.
Von dort oben hatten wir einen schönen Rundumblick - nur die Ostsee war nicht zu sehen. Naja, ab morgen wird sie unser ständiger Begleiter für den Rest unserer Tour sein.
Zum Abendessen gingen wir in ein nahe gelegenes usbekisches Restaurant. Aus der Vielzahl der Speisen hatten wir uns leckere Sachen ausgesucht. Beim Nachtisch hatten wir uns etwas verschätzt, denn anschließend waren wir mehr als satt. Aber insgesamt waren wir sehr zufrieden mit unserer Auswahl.
Mit vollen Bäuchen gingen wir zurück ins Hotel, lasen noch etwas und beendeten damit diesen interessanten Tag.
Sonntag, 01. September 2019
(Riga - Mersrags 95 km Fahrrad)
Heute nahmen wir Abschied von Riga. Die Route Richtung Jurmala hatten wir anders herausgesucht, aber der offizielle Radweg funktionierte noch viel besser. Zwar war die Beschilderung nicht durchgehend vorhanden, aber dennoch fanden wir uns gut zurecht. Bis nach Jurmala fuhren wir auf einem sehr schön ausgebauten Fahrradweg. Da heute Sonntag ist, waren vermehrt Fahrradfahrer unterwegs. In keinster Weise aber ist es vergleichbar mit dem Rheinradweg an einem Sonntag.
In Jurmala fuhren wir zunächst an den Ostseestrand, denn die Ostsee haben wir schon seit über einer Woche nicht mehr gesehen.
Da der Strand von Jurmala mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist, waren dementsprechend viele Menschen dort. So machten wir nur ein kurzes Erinnerungsfoto und fuhren weiter. Kurz vor Kaugurciems fanden wir einen bedeutend ruhigeren Strandabschnitt, wo wir unsere Mittagspause verbrachten.
Hinter Engure gingen wir ein zweites Mal baden. Das heutige Wetter lädt einfach dazu ein.
Montag, 02. September 2019
(Mersrage - Kolka 64 km Fahrrad)
Nachdem es gestern ein bißchen so klang, als gäbe es nur ein sehr eingeschränktes Frühstück, waren wir heute morgen angenehm überrascht: Neben einer opulenten und reichlich mit Tomaten und Gurken garnierten Aufschnittplatte gab es gekochte Eier, Blaubeermarmelade, Orangensaft, Skyr und leckeren Kaffee. Und das alles wurde in der Sonne serviert ! Dies genossen wir besonders - war doch für heute ein Wetterumschwung vorhergesagt.
Die ersten Kilometer war noch die Sonne unser Begleiter.
Dann aber gewannen die Wolken die Oberhand und wir hatten von kurzen sonnigen Abschnitten abgesehen überwiegend bedeckten Himmel, aus dem es einmal sogar etwas regnete. So kamen unsere Regenjacken wenigstens auch zum Einsatz. Außer uns war nur ein anderes Radreisepaar unterwegs, die aber in Polen gestartet waren und bis Riga bzw. Tallinn fahren wollten.
Kurz vor Usi machten wir einen kleinen Abstecher an die dortige Steilküste. Eine hölzerne Treppe führte an die Ostsee hinunter, die sich heute aufgrund des Windes nicht so friedlich wie gestern zeigte. Wir waren die einzigen Besucher und machten ein paar Erinnerungsfotos.
An der Nordspitze des Kaps Kolka angekommen, wärmten und stärkten wir uns mit Kaffee und Kuchen. Anschließend holten wir den Schlüssel für unsere heutige Unterkunft in Form eines Fasses ab. Das Fass steht direkt an der Ostsee, hat eine von außen verspiegelte große Scheibe und gibt uns das Gefühl, direkt am Strand zu sein.
Nachdem wir in der Information geduscht hatten, überbrückten wir die Zeit bis zum Abendessen in unserem Fass und genossen die Aussicht auf die vom Wind aufgewühlte Ostsee.
Gegen 18 Uhr hörte der Regen auf und wir gingen in das kleine Restaurant beim Parkplatz. Wir konnten nur draußen sitzen, da innen nur die Küche ist. Dank unserer Pullover und der Decken des Restaurants war es uns aber nicht kalt - und der Anflug von Frieren wurde durch die heiße Suppe bekämpft.
Anschließend legten wir uns in unser Faß und schliefen beim Blick auf das Meer ein.
Der erste Ort, den wir mit dem Satz „Uz kurieni kafija ?“ im Kopf ansteuerten, war Mazirbe. Aber dort gab es niemand, den wir nach Kaffee fragen konnten. Auch war das Informationscenter nochgeschlossen, so dass wir auch nichts über das kleine Volk der hier lebenden Liven erfahren konnten.
Unser Hotel „Viesu nams Zitari“ fanden wir schnell. Was tat die Dusche und anschließende Ruhepause nach diesem Kampf gegen den Wind gut !
Die Inneneinrichtung war zu spärlich, um sich das damalige Leben vorstellen zu können. Allerdings gab es eine Sonderausstellung zur (Reise-)Mode im 19. Jahrhundert. Diese war sehr interessant gestaltet - alleine zu sehen, wieviel Gepäckstücke jede Dame nur aufgrund der Hutschachteln hatte ! Dazu kamen noch Kleiderkisten und und und. Da reisen wir heute doch entspannter mit unserem kleinen Gepäck.
„Natürlich“ gab es unterwegs kein Restaurant oder ähnliches, wo wir uns hätten stärken können. Das einzige Gebäude, was diesen Eindruck vermittelte, war die Brauerei Uzavas. Dort hätten wir aber nur Bier kaufen können - ein Restaurant gab es nicht.
Leider war der Wind nicht nur kräftig, sondern auch kalt. Wir fröstelten deshalb, als größere Wolkenfelder die Sonne verdeckten und gingen daher in unser Zimmer zurück.
Eine nette Abwechslung - wie auch schon gestern - war ein Fuchs, der neben der Straße versuchte, einen Vogel zu fangen. Leider war dies das einzige Highlight unterwegs, was uns die stupide Radelei versüßt hat.
Anschließend orientierten wir uns, wo morgen die Fähre ablegt und fuhren danach in unser gebuchtes Hotel „Roze“. Wir bekamen eine große Suite mit eigener Garage für die Räder. Nobel geht die Welt zu Grunde - aber nach der heutigen Quälerei haben wir uns das verdient.
Überpünktlich legten wir ab. Aufgrund des sehr kräftigen Windes hatten wir starken Seegang, der unser Schiff häufiger erzittern ließ.
Punkt 12 Uhr deutscher Zeit gab es für eine Stunde lang Mittagessen. Das Angebot war ein Bruchteil des Angebotes unserer Fährfahrt nach Helsinki. Wir wurden satt, aber ein Highlight war es nicht. Nachtisch gab es auch keinen.
Den Nachmittag verbrachten wir mit Lesen. Obwohl sich das Schiff im Seegang deutlich bewegte, wurde uns nicht schlecht.
Um 18 Uhr gab es auch wieder eine Stunde lang Abendessen. Das Angebot war wie schon beim Mittagessen übersichtlich - aber wir hatten nichts anderes erwartet. Anschließend saßen wir noch mit Matthias und Gabi zusammen und unterhielten uns über unsere Urlaubserlebnisse. So endete der letzte Abend unserer Radtour durch Estland und Lettland. Morgen Mittag werden wir in Travemünde ankommen, nach Hause fahren und wieder in den Alltag eintauchen.
Unser Fazit für die Tour nach insgesamt 1.213 Kilometern durch Estland und Lettland:
Während wir in Estland gute bis sehr gute Fahrradwege hatten, hat Lettland in dieser Beziehung noch großen Nachholbedarf. Es macht einfach keinen Spaß, stundenlang auf staubigen nicht asphaltierten Wellblechpisten zu fahren.
Die Versorgungslage ist in beiden Ländern nahezu gleich: Supermärkte bzw. kleine Läden findet man auf dem Land so gut wie nicht. Wir hatten deshalb immer ausreichend Wasser und Snacks dabei.
Estland hat ein Pfandsystem für leere Flaschen und Büchsen, Lettland nicht. Die Straßenränder in Lettland sind deshalb von weggeworfenen Flaschen und Büchsen gesäumt. Hoffentlich ändert sich dies bald !
Zu den sehr langen geraden Strecken durch die endlosen Wälder gibt es zwei Meinungen: Für die einen ist es Erholung für die Seele, für die anderen langweilig.
Helsinki, Tallinn und Riga, aber auch Tartu, Cēsis und Ventspils sind eine Reise wert. Natürlich kann man in den genannten Städten auch mehrere Tage verbringen, aber für einen Überblick reichte uns die eingeplante Zeit.
Am Peipussee entlang gibt es zwar so gut wie keine Fahrradwege oder wenig befahrene Landstraßen (mit Ausnahme durch die Dörfer der Altgläubigen). Aber auf der stark befahrenen Bundesstraße A 3 kamen wir problemlos voran. LKW‘s hielten in der Regel einen ausreichenden Sicherheitsabstand.
Insgesamt sind beide Länder noch keine klassischen Ziele für Radreisen, was sich in der Anzahl der wenigen Radler zeigt, die uns begegnet waren. Aber mit guten Rädern und etwas Abenteuerlust sind sie auf jeden Fall zu empfehlen.